Warten auf Nordwind

Samstag, den 23.04.2022 – Samstag, den 30.04.2022

Samstag, den 23.04.2022
Cangas, Praia de Rodeira – Cangas Marina
SW 4 Bft – 1sm – 0h 45min – Ø 4,3kn – gesamt 22sm

Praia de Rodeira – Cangas Marina

Die Nacht verbringen wir ruhig vor dem Strand Praia de Rodeira, allerdings regnet es morgens – das macht jetzt nicht unbedingt Lust, mit dem Dinghi an Land zu fahren. Wir wollen eine Gasflasche tauschen und Wäsche waschen. Und wir möchten gerne mit der Fähre nach Vigo übersetzen, um uns endlich auch Vigo anzuschauen. Während wir noch so an Bord beschäftigt sind, dreht der Wind auf SW und bläst mit 4 Bft direkt in die Bucht. Wir liegen inzwischen mit auflandigem Wind und es passiert, was bisher noch nie vorgekommen ist – unser Anker slippt und wir gehen auf Drift – auf den Strand zu. Zwei mal hält der Anker kurz wieder, bis er beim dritten mal richtig greift und wir ihn auch richtig einfahren können.

Slippender Anker

Trotzdem sind wir unruhig, nach so einem Manöver verlassen wir unsere Ruby Tuesday nicht, um auf Sightseeing-Tour zu gehen. Wir holen den Anker hoch und verlegen uns in die nahe Marina Cangas – hier liegen wir sicher, die Sonne scheint inzwischen und wir können erst das Pflichtprogramm erledigen, bevor wir mittags dann mit der Fähre nach Vigo übersetzen.

In der Marina Cangas

Cangas Marina ist aber nicht nur wegen der Fährverbindung nach Vigo eine gute Wahl, auch die Verproviantierung ist hier wesentlich einfacher. Supermarkt und Waschsalon sind nicht weit entfernt, in der Altstadt von Cangas gibt´s viele nette kleine Bars und Restaurants und für alle Segler, die Camping-Gaz brauchen, gibt´s Butanos, ein kleiner Laden etwas oberhalb des Hafens.

Ruby Tuesday in der Marina Cangas – von der Fähre aus fotografiert

Die Fährverbindung von Cangas nach Vigo ist klasse für alle Segler, die sich die Altstadt von Vigo ansehen möchten, aber nicht in Vigo in den Hafen gehen wollen. Drei Häfen von Vigo sind so weit vom Schuss, dass man fußläufig die Altstadt nicht unbedingt erreicht, nur die Marina Real Club Nautico liegt direkt an der Altstadt. Und genau hier hält auch die Fähre.

Vigo ist eine Hafen- und Industriestadt mit knapp 300.000 Einwohnern und wirkt mit den vielen Werften, Hafenkränen und der Hochhausbebauung nicht gerade einladend. Aber von dem ursprünglichen Fischerdorf Vigo ist der schöne Altstadtkern erhalten geblieben und steht im Kontrast zu der restlichen Bebauung Vigos. Vigo ist hügelig, es sind einige Höhenmeter zu überwinden, wenn man durch die Altstadtgassen schlendert. Immer wieder faszinierend sind die verglasten Balkone an den Fassaden. Der Plaza de la Constitución mit seinen schönen Bogengängen ist gut besucht – in der Sonne läßt es sich schon gut aushalten.

Altstadtimpressionen:

Plaza de la Constitución

Wir laufen weiter bis hoch auf den Hügel mit dem Parque do Castro. Von hier oben haben wir einen phanastischen Blick über Vigo, in die Ría de Vigo und zu den Islas de Cies.

Blick auf Vigo

Ría de Vigo

Auf dem Monte do Castro befinden sich die Reste einer spanischen Burg und am Fuße des Berges zum Teil rekonstruierte Siedlungshäuser.

 

Siedlungsreste

Auf dem Rückweg in die Altstadt treffen wir auf überdachte Rolltreppen, die sich den ganzen Hügel hinauf ziehen – wie wir später erfahren, eine Mobilitätslösung für hügelige Städte, um die Wegstrecken von einem niedrig gelegenen auf ein höheres Stadtniveau zu verkürzen – hier ist man zu Fuß schneller unterwegs, als mit dem Auto auf kurvenreichen Straßen. Die Städtebauinitiative „Vertikales Vigo“ hat sich zum Ziel gesetzt, neue vertikale Beförderungsrouten von mind. 3 Kilometern Länge zu realisieren. Eine gute Idee – wir probieren die Rolltreppen dann auch gleich mal aus – obwohl wir dafür erst mal einige Treppen nach unten gehen müssen 😉 .

Mit der Fähre sind wir schnell wieder zurück in Cangas und lassen den Abend gemütlich ausklingen.

Samstag, den 24.04.2022
Cangas – Ilas De Cies, San Martiño
SW-S-SE-SW 3-4 Bft – 10sm – 2h 22min – Ø 4,3kn – gesamt 32sm

Cangas – San Martiño

Bis mittags zeigt sich die Sonne nur sehr zögerlich, der Himmel ist bedeckt und gelegentlich regnet es auch kurz. Wir machen noch einen kleinen Rundgang durch die Altstadt von Cangas und laufen auf der Promenade zurück zur Marina.

Alt und neu kombiniert in Cangas

Kirche in Cangas

Kirchplatz

Es ist schon 14:00 Uhr, als wir die Leinen lösen und uns auf den Weg zu den Islas de Cies machen. Auch wenn es ein Kreuzkurs ist, der noch ein bisschen eingeschränkt wird durch die zwei Verkehrstrennungsgebiete in der Ría de Vigo, macht das Segeln richtig Spaß. Unsere Ruby Tuesday läuft wieder, setzt sanft in die Wellen ein und läßt sich auch wieder richtig manövrieren – alles andere wäre auch schlecht nach der intensiven Pflege, die wir ihr haben zukommen lassen 😉 .

Nach gut zwei Stunden lassen wir den Anker in der Bucht vor San Martiño fallen – wir sind alleine hier, der Sand strahlt in gold-gelb und das Wasser schimmert türkis-grün-blau. Es ist genauso wie im letzten Herbst einfach unbeschreiblich schön hier!

Nicht umsonst sagt man von den Stränden der Islas de Cies, dass sie mindestens so schön sind, wie karibische Strände. Nur ist es hier lange nicht so warm, wie in der Karibik. Dafür aber auch nicht so voll 😉 . Da wir nicht vorhaben, in die Karibik zu segeln, genießen wir einfach den karibischen Flair hier.

Die Bucht von San Martiño

 

Dienstag, den 26.04.2022
San Martiño – Baiona
S-SW 4 Bft – 12sm – 2h 49min – Ø 4,9kn – gesamt 44sm

San Martiño – Baiona

Drei Tage verbringen wir hier, bevor wir nach Baiona kreuzen. Der Wind kommt immer noch aus Süd. Bei 4 Bft und etwas Welle macht das Segeln Spaß. Wir freuen uns aber auch auf einen längeren Schlag Richtung Süden – aber nur, wenn der Wind passt 😉 . Eigentlich möchten wir weder motoren noch gegenan kreuzen – mal schauen was daraus so wird. Noch langweilen wir uns nicht, ganz im Gegenteil, in Baiona kann man schon einige Tage bleiben.

Ansteuerung Bucht von Baiona – das Wetter läßt noch zu wünschen übrig

Wir lassen den Anker in der wunderschönen Bucht von Baiona vor dem Strand Plaia de Santa Marta und der kleinen Halbinsel Santa Marta fallen. Der Blick auf Baiona überzeugt nicht gerade – die Strandpromenade ist mit mehrstöckigen Häusern bebaut. Erst dahinter versteckt sich am Hügel die Altstadt. Guckt man von unserem Liegeplatz nach Westen, Norden und Osten, sieht man rund um bewaldete Hügel, die mal mehr, mal weniger bebaut sind. Schön ist der Blick auf die Burg Monterreal, die früher die Einfahrt zur Bucht und Baiona bewachte.

Es ist windig und durchwachsen, also bleiben wir erst mal an Bord. Erst am Mittwoch suchen wir uns für unser Dinghi einen Platz, an dem wir es festmachen können und starten zu einem ersten Rundgang durch Baiona.

Groß ist Baiona nicht, ca. 15.000 Einwohner leben hier. Aber in der Hochsaison treffen sich hier noch ca. 50.000 Touristen – davon sehen wir nicht viele, denn hier ist noch Vorsaison und entsprechend ruhig ist es.

Im Hafen von Baiona liegt der Nachbau der Caravelle Pinta, eines der drei Schiffe, mit denen sich Christoph Columbus 1492 aufmachte und die neue Welt endeckte.

Nachbau der Pinta

Die Pinta lief am 1.03.1493 in Baiona ein, die Niña kam am 04.03.1493 in Lisabon mit Columbus an Bord an und die Santa Maria ist vor Haiti auf ein Riff aufgelaufen und aufgegeben worden. In Baiona wird jedes Jahr im März die Ankunft der Pinta groß gefeiert. Wir besichtigen den Nachbau – wir sind ganz alleine und können uns ohne Gedränge auf dem Boot umsehen.

Groß war die Pinta nicht, ca. 21 Meter lang und ca. 7 Meter breit, 26 Mann Besatzung waren damit unterwegs. Der Nachbau ist als Museumsschiff mit vielen Details zum Leben an Bord gestaltet – sehr schön und informativ gemacht.

Der arme Kerl hat bestimmt auch „Rücken“ – keine gesunde Haltung, um ein Schiff zu steuern

Ein Highlight von Baiona ist die Burg Monterreal, die auf einer Halbinsel in der Bucht von Baiona liegt. Erhalten ist die Burgmauer, einige Tore und Türme. Im Inneren der Burgmauer steht das Parador Hotel – wohl die erste Adresse hier in Baiona.

Burg Monterreal

Am Fuße der Burgmauer laufen wir einmal um die Halbinsel, dann geht´s noch mal über die Burgmauer in entgegengesetzter Richtung zurück und können prima nicht nur über die Bucht von Baiona blicken, sondern auch das Parador bestaunen 😉 .

Bucht von Baiona

Wendeltreppe zu den Klippen

Der kleine Salamander hat sich bestimmt von der Insel Ons hierrher verirrt – eigentlich gibt´s die grün-schwarz-gepunkteten Salamander nur dort

Schnell merken wir, dass für Baiona ein Tag nicht ausreicht. Es gibt viel zu sehen und zu entdecken, man kann hier sogar wandern 😉 . Also bleiben wir einfach noch, obwohl am Donnerstag der Wind aus Nord weht. Allerdings wird der Wind auch erst gegen 13:00 Uhr so stark, dass man auch segeln kann. Für die Tage danach ist wieder Flaute vorhergesagt. Also genug Zeit, um immer wieder an Land zu fahren und ein bisschen Sightseeing zu machen.

Die Altstadt von Baiona besteht aus vielen kleinen geschwungenen Gassen, schönen Plätzen und zieht sich den Hügel hinauf. Teils sind die Häuser nicht so gut erhalten, aber genau das macht ja auch den Charme einer Altstadt aus. Auf den Plätzen stehen schon Sonnenschirme und vor den vielen kleinen Bars, Cafés und Restaraunts stehen die Bedienungen und bitten zum Essen Platz zu nehmen – zum Glück nicht aufdringlich 😉 .

Wir probieren auch hier wieder Pimientos de Padron, Fischsuppe und Empenadas – lecker! Und wie in jeder Altstadt gibt´s auch hier einige Kirchen zu sehen – leider auch hier wieder so typisch spanisch dunkel im Inneren.

Wanderung zu den Petroglyphen und zum Stausee von Baiona:

Auf einer Wanderung zur den Petroglyphen von Baiona treffe ich auf zwei Wildpferde 🙂 . Die Pferde sind scheu, traben immer wieder ein Stück voraus, bleiben stehen, beobachten mich und wenn ich zu nahe kommen, traben sie weiter, bis sie irgendwann im Wald verschwinden. Erst bei den Petroglyphen stehen sie plötzlich wieder unter Bäumen auf einer Wiese.

Wildpferde unterwegs

Bei den Petroglyphen – ein bisschen beobachtet fühle ich mich schon 😉

Die Petroglyphen sind ca. 4.000 Jahre alte Steinritzungen, meistens Labyrinthe, Jagdszenen oder Pferde. Die Petroglyphen von Baiona erstrecken sich über ein ziemlich großes Gelände und sind ganz im Gegensatz zu den Petroglyphen, die wir in der Nähe von Muros erst gesucht und dann auch gefunden haben 😉 , sehr gut zu sehen und auch gut beschrieben.

 

Auf dem Weg zurück nach Baiona habe ich einen schönen Blick auf die Bucht und mache dann noch einen Rundgang um die Halbinsel Santa Marta mit der gleichnamigen Kapelle.

Bucht von Baiona

Blick von Santa Marta auf Baiona

Kapelle Santa Marta

Halbinsel Santa Marta

Das war eine kleine, aber feine Wanderung in die Umgebung von Baiona!

Neben Sightseeing, Entspannen, Wandern und Lesen erledigen wir auch wieder einige kleinere Arbeiten von der nie enden wollenden To-Do-Liste 😉  – aber auch das gehört zum Langzeitsegeln einfach dazu.

Wind und Wetter halten wir immer im Auge und als sich abzeichnet, dass wir Sonntag oder Montag mit passendem Wind Richtung Süden und damit nach Portugal segeln können, kommt Freude und natürlich auch ein bisschen Anspannung auf.

Aber bevor es soweit ist, lernen wir erst mal noch den berüchtigten Seenebel kennen. Ganz langsam schwappt der Nebel in die Bucht und verschluckt langsam alles in unserer Sichtweite.

Die portugiesischen Häfen sind nicht bei jedem Wind und Wetter anzulaufen – die Bedingungen vor Ort müssen schon stimmen, damit man nicht von brechenden Wellen oder zu hohem Schwell und großen einlaufenden Wellen überrascht und/oder auch gefährdet wird. Die meisten Häfen liegen an Flussmündungen – dort müssen Strömung des Flusses und Strömung durch die Gezeiten und Atlantikschwell zusammen passen. Es gibt im Internet eine Seite, Estado das Barras, auf der man nachlesen kann, ob die Häfen geöffnet, geschlossen oder das Einlaufen nur unter bestimmten Bedingungen erfolgen kann. Auch diese Informationen haben wir immer im Blick.

Eigentlich wäre der nächste Hafen Viana do Castelo, ca. 32sm entfernt, für uns gut zu erreichen, auch wenn erst gegen Mittag der Nordwind, der portugiesische Norder, einsetzt. Aber wir haben für diesen Hafen in zwei Handbüchern und in unserer elektronischen Seekarte drei verschiedene Tiefenangaben – von mind. 3 Metern Tiefe bis 1,10 Metern. Die geringste Tiefe ist leider in der aktuellsten digitalen Karte ausgewiesen. 1,10 Meter im Hafen plus Niedrigwasser von nur einigen Zentimetern reicht für unseren Tiefgang von 1,90 Metern nicht aus. Also werden wir diesen Hafen in der angeblich schönsten Stadt in Portugals Norden nicht anlaufen. Der nächste Hafen ist Póvoa de Varzim, von Baiona ca. 50sm entfernt – bei so einer Entfernung können wir nicht auf das Einsetzen des portugiesischen Norders warten, wenn wir nicht im Dunkeln in den Hafen einlaufen wollen. Und zur passenden Gezeit sollte man ja auch noch an der Hafeneinfahrt sein. Sind also einige Faktoren zu bedenken  😉 .

Und natürlich verfolgen wir auch das Verhalten der Orcas, mit denen seit 2020 Segelboote immer wieder unangenehme Begegnungen haben – die Orcas folgen den Thunfischströmen entlang der portugiesischen und spanischen Küste und greifen Segelboote an, die in der Nähe sind. Sie verbeißen sich im Ruderblatt und beschädigen dies oft so erheblich, dass die Segelboote abgeschleppt werden müssen. Warum die Orcas dies tun, ist vollkommen unklar – es geht von „Die wollen nur spielen“ bis hin zu „Strafaktionen“ für das Abfischen des Thunfischs, den die Orcas zum Überleben brauchen. Im Moment sind die Begegnungen vor der Straße von Gibraltar und es sind auch nur zwei Gruppen von Orcas, die die Segelboote angreifen, also nicht alle Orcas sind gefährlich für die Segler. So oder so, wir möchten weder gefährliche noch ungefährliche Orcas in unserer Nähe haben. Informationen, wo sich die Orcas aufhalten, bekommen wir von orcaiberica.org und aus den verschieden Foren, in denen das Thema aber nicht immer wirklich sachlich angegangen wird.

Trotzdem freuen wir uns auf das Segeln entlang der portugiesischen Küste 🙂 .

 

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