Faial

Donnerstag, den 06.07.2023 – Donnerstag, den 13.07.2023

Wir sind gespannt, ob mit unseren Batterien alles klar geht. Schon kurz vor Ladenöffnung stehen wir beim Mid-Atlantic-Yacht-Service vor der Türe und sehen unsere Batterien im Verkaufsraum. Es sind die richtigen, bezahlt sind sie auch schon und wir bekommen sie in der nächsten Stunde direkt an Bord geliefert – was für ein Service 🙂 . Und auch die alten Batterien werden vom Mid-Atlantic-Yacht-Service mitgenommen und entsorgt.

Wie immer bei Arbeiten an Bord herrscht ziemlich schnell ein ziemliches Durcheinander und bequemes Arbeiten geht auch anders – aber am frühen Nachmittag sind die neuen Batterien eingebaut, es funktioniert alles so, wie es soll und aufgeräumt ist auch wieder – jetzt ist erst mal Erholung angesagt, dann können wir Horta und Faial erkunden, immer mit einem Blick auf die Wetterentwicklung, denn wir wollen mit dem nächsten passenden Wind Richtung Englischen Kanal segeln 🙂 .

In Horta treffen sich die Segelboote, die aus der Karibik kommen und zurück zum Europäischen Festland oder über Madeira zu den Kanaren segeln. Es ist ein stetes Kommen und Gehen – wenn sich ein passendes Wetterfenster abzeichnet, wird der Hafen für kurze Zeit leerer, bis dann die nächsten Segelboote aus der Karibik hier einlaufen. Aber die meisten Segler aus der Karibik sind wegen der Hurrikan-Saison dort inzwischen hier angekommen und viele sind auch schon weitergezogen. Am turbulentesten ist es hier wohl im Juni. In den nächsten Tagen wird es noch leerer, denn der Wind, um Richtung Osten oder Nordosten zu segeln, ist ganz günstig. Einige Segler verbringen so wie wir auch ein paar Wochen oder Monate auf den Azoren und erkunden die einzelnen Inseln mehr oder weniger intensiv, bevor es weiter geht.

Hafen und Ankerplatz von Horta

Viele der Segler malen auf die Hafenmolen ein Bild auf dem auch der Name des Bootes, der Segler und die Jahreszahl verewigt sind – manche der farbenfrohen Bilder sind echte Kunstwerke. Wir schauen und staunen und finden immer wieder Bilder von Segelbooten, die wir kennen. Nicht alle Bilder halten lange, manche Bilder vom letzten Jahr sind schon verwittert, andere Bilder, die mehr als 10 Jahre alt sind, sind immer noch gut zu erkennen. Schwer fällt es uns, über die Bilder zu laufen, die auf den Betonstegen gemalt sind – das fühlt sich einfach falsch an.

So quirlig, hektisch oder betriebsam, wie uns Horta geschildert wurde, ist es hier nicht – es ist hier tatsächlich eher ruhig. Selbst im Peter Café Sport, der „Seglerkneipe“ in der sich nicht nur die Atlantiküberquerer, sondern auch ganz normale Touristen treffen, findet man meistens auch drinnen einen freien Platz.

Der Schokoladenkuchen mit Schokocreme und Eis schmeckt einfach toll und auch der berühmt-berüchtigte Gin-Tonic Peter ist lecker – wir probieren beides 🙂 . An unserem Hochzeitstag und Peter’s Geburtstag essen wir sehr gut im Peter Café Sport – die Atmosphäre dort gefällt uns. Viele beschriftete und bemalte Fahnen, Flaggen und Wimpel der Segler hängen an den Wänden und unter der Decke und jede erzählt ihre eigene Geschichte. Es gibt viel zu gucken im Peter Café Sport 😉 .

Horta ist eine nette Stadt, die sich rund um die Bucht von der Marina bis zum Fähranleger erstreckt und sich auch die Hügel hochzieht. Leider wird die schöne Strandpromenade gerade neu gestaltet – hier kann man den Bauarbeitern zusehen, wie sie die schönen Mosaike aus weißem Kalkstein und schwarzem Basalt legen. Überall auf den Bürgersteigen sehen wir echte Kunstwerke.

Hinter der Strandpromenade in der „zweiten Reihe“ liegt die kleine Einkaufsstraße von Horta mit Boutiquen, Cafés, kleinen Läden und Restaurants. Bei unseren Bummeln durch Horta treffen wir so auch auf die Markthalle und den Stadtgarten – auch hier wieder mit einem roten Pavillon. Schwarze und weiße Schwäne warten auf Brotkrumen im kleinen Teich. Rund um den Stadtgarten und entlang der Einkaufstraße gibt es sehr schöne, aber auch verfallenen und weniger schöne alte Häuser – jedes mal, wenn wir durch Horta schlendern, sehen wir Neues und Interessantes.

 

Inzwischen ist es auf dem Ankerplatz und auch im Hafen leerer geworden, die Class 40 Regatta ist wieder unterwegs nach Les Sables und wir bekommen einen neuen Liegeplatz am Steg, den die Regattaboote freigemacht haben. Wir liegen auf dem Platz, auf dem vorher die SignForCom von der deutschen Crew Melwin Fink und Lennart Burke gelegen hat. Natürlich drücken wir die Daumen, dass sie eine erfolgreiche Rückfahrt haben – statt Lennart Burke segelt allerdings eine Französin mit, denn Lennart hat sich am Rücken verletzt und fällt leider aus.

 

Viel Platz am Steg 😉

Auch für uns 🙂

Wir können auf dem Liegeplatz bleiben, bis wir weiter möchten – der Liegeplatzinhaber hat sein Boot auf dem Trockenen. Hoffentlich lange genug 😉 . Eilig haben wir es nicht!

Faial ist auch eine eher kleine Insel, auf der sich das meiste Leben in Horta abspielt. Dominiert wird Faial von der großen Caldeira fast in der Inselmitte, aber auch von dem Blick auf den Pico mit seinem meistens wolkenverhangenen Gipfel. Egal, ob morgens im Sonnenaufgang oder nachmittags mit Wolkenkragen – der Pico zieht an und reizt zu immer neuen und mehr Fotos 😉 .

Mit dem Leihwagen, den wir hier nur für einen Tag mieten, fahren wir bei allerschönstem Wetter hoch zur Caldeira. Unterwegs haben wir schon tolle Ausblicke über die Insel von den Miradouros. Auch auf Faial sind die Miradouros gepflegt, nett angelegt und meistens auch mit einem Picknick-Platz kombiniert. Die gepflegten Straßen, Städtchen, Dörfer und Parks sind extrem auffällig auf allen Azoren-Inseln. Überall sieht man städtische Mitarbeiter in gelben Westen beim Gießen, Gärtnern, Fegen oder Säubern. Von zu Hause kennen wir so etwa leider gar nicht. Ist die Umgebung so gepflegt, kommt man erst gar nicht auf die Idee, Abfall wegzuwerfen und nicht in den Papierkorb zu tun oder wieder mit nach Hause zu nehmen.

Am Aussichtspunkt der Caldeira ist ganz schön Betrieb – der Blick in die Caldeira ist aber auch grandios. Am Grund der Caldeira ist noch ein kleiner Vulkankrater zu sehen, Feuchtgebiete und ein Teich schimmern in verschiedenen Grüntönen. Nur mit einem Guide darf man in die Caldeira absteigen – sicherlich ein ganz schön anstrengendes Unterfangen. Wir begnügen uns mit einer Wanderung auf dem Kamm bzw. Grat der Caldeira – mit jedem Schritt sieht das Innenleben der Caldeira anders, aber immer faszinierend aus. Manchmal bleiben ein paar Wolkenfetzen am Rand hängen – dann wird es fast mystisch 😉 . Der Wanderweg ist meistens sehr schmal, manchmal ziemlich tief ausgewaschen und verläuft zum großen Teil auf dem Grat der Caldeira – mit tollen Ausblicken über die Hügel, Wiesen und zur Küste auf der einen Seite und in die Caldeira zur anderen Seite. Wieder mal eine sehr schöne Tour!

Caldeira von Faial

 

Wanderweg auf dem Grat der Caldeira

 

Quer über die Insel Faial fahren wir zur Ponta dos Capelinhos. Hier ist 1957 durch einen Vulkanausbruch ein Stück neues Land entstanden – 2,4m² groß. Vorausgegangen sind mehr als 200 Erdbeben, bis dann durch eine Unterwasserexplosion ein neuer Vulkan entstand. Das Meer vor der Küste begann zu kochen, Asche wurde bis zu 1.400 Meter in die Höhe geschleudert und Lava bis zu 500 Meter. Die Landstriche um den Vulkanausbruch versanken unter einer 1,5 Meter dicken Ascheschicht, der Leuchtturm und viele Gebäude wurden zerstört. Entstanden ist zunächst eine kleine Insel, die sich dann durch weitere Ausbrüche des Vulkans mit dem Festland verband.

Ponta dos Capelinhos

Fantastisch ist der Anblick der Landzunge aus Asche- und Lavastein und die ockerrot und schwarz gestreifte Lavasteilküste, traurig zu sehen, welche Zerstörung so ein Vulkanausbruch eben auch mit sich bringt. Die Ruine des Leuchtturms kann man besichtigen und auch auf den Turm steigen – die Aussicht ist toll.

Ruine des Leuchtturms

Ponta dos Capelinhos

In unmittelbarer Nähe zur Ruine des Leuchtturms gibt es ein unterirdisches Museum – alleine das futuristische Foyer ist einen Besuch wert 😉 . Das Museum informiert über den Ausbruch des Vulkans Capelinhos und die Entstehung des neuen Landstücks, über die Entstehung der Azoren und über Vulkane weltweit. Sehr interessant und modern gestaltet und durch Ausstellungsstücke, Filme und Bilder auch sehr informativ.

Foyer des unterirdischen Museums

Weiter im Norden genießen wir die Fahrt durch die hügelige, grüne Landschaft mit glücklichen Kühen auf den Wiesen, die durch die schönen Hortensienhecken unterteilt sind – wären die Hortensienhecken und die Steinmauern nicht, wir könnten auch im Allgäu sein 😉 . Mehr durch Zufall nach einem Blick in unseren Reiseführer, wo wir essen gehen könnten, probieren wir das vegane Restaurant O Esconderijo aus. Es liegt versteckt in den Hügeln von Cedros und wird von dem Deutschen Hans betrieben. Das Restaurant ist nicht nur vegan, es ist auch alkohol-, gluten-, zucker-, kaffee- und rauchfrei. Auf einer verwunschenen, urgemütlichen Terrasse über einem Bach und Teich inmitten des üppigen Gartens von Hans sitzen wir und bekommen nicht nur ein super leckeres 4-Gänge-Menü mit Zutaten aus dem Garten von Hans oder von der Insel, sonder unterhalten uns sehr angeregt mit ihm. Begleitet wird das Essen und das Gespräch vom Quarken der Frösche 🙂 . Wir genießen die Stunden hier und lassen uns all die frischen leckeren Sachen schmecken – als Getränke gibt es kalten Tee und Wasser. Es ist alles stimmig, wenn auch eher ungewohnt 😉 .

Restaurant O Esconderijo versteckt in den Bergen

 

Nachspeise

Natürlich kommt auch das Wandern nicht zu kurz 😉 . Direkt in Horta hinter dem Hafen beginnt eine kurze Wanderung auf den Monte Queimado und den Monte da Guia – mit herrlichen Blicken über Horta, den Hafen, die Badebucht von Horta, Porto Pim und den Doppelkrater.

Porto Pim, die Badebucht von Horta

Auch auf Faial gibt es einen Levadatrail – von Capelo bis nach Cedros geht es auf engen, sehr feuchten Wegen an einer nicht mehr intakten Levada entlang. Ein sehr matschiger Weg – nicht zuletzt wegen der Feuchtigkeit aus den tiefhängenden Wolken 😉 . Am Ende der Levada geht es über eine Asphaltstraße mit meterhohen Hortensienhecken bis nach Cedros. Der Bus bringt mich zurück nach Horta.

Aufstieg zur Levada

Hier muss ein Sturm ganz schön gewütet haben

Und der Ausgang vom Tunnel

Meterhohe Hortensienhecken auf dem Weg nach Cedros

Bevor Peter den Leihwagen wieder abgibt, bringt er mich nach Ribeirinha. Ribeirinha wurde von einem Erdbeben 1998 schwer zerstört. Reste der Kirche und des Leuchtturms stehen noch, viele zerstörte Häuser wurden abgerissen und durch Neubauten ersetzt. Auch hier sieht man wieder die Gegensätze – unglaublich schöne Natur auf der einen Seite und Zerstörung auf der anderen Seite 🙁 . Der Wanderweg rund um Ribeirinha führt erst durch dichten Wald, dann überwiegend über Asphaltstraßen. Es geht ganz schön steil bergauf, der Weg ist steinig und die Steine sind vermoost und glatt, später geht es über einen Treppenweg wieder bergab – dazwischen führt der Weg über Hügel und mal nicht nur an Hortensienhecken vorbei, sondern diesmal zieren gelbe und orangene Blumen den Wegesrand 😉 .

Ruine der Kirche von Ribeirinha

Wanderwege ohne Hortensien …

… aber gelb und orange ist auch schön

Auch der Leuchtturm steht nur noch als Ruine

Und ist kurz vor dem Zusammenbruch

Wanderungen auf Faial

Auch Faial gefällt uns sehr gut – alle Azoren-Inseln, die wir gesehen haben, haben ihren eigenen Reiz und ihre Besonderheiten. Sollten wir eine Reihenfolge der Lieblingsinseln aufstellen, steht an erster Stelle die kleine Insel Santa Maria, vielleicht auch, weil wir sie zuerst besucht haben. Graciosa und São Jorge folgen mit ganz geringem Abstand – alles Inseln, die klein und verträumt sind, auf denen der Tourismus nicht ausgeprägt ist und die ein Stückchen „Heile Welt“ vermitteln. Terceira mit der tollen Hauptstadt Angra do Heroismo folgt vor São Miguel. Auf Terceira ist mehr Tourismus, als auf den drei kleinen Inseln, aber es wird vollkommen unaufgeregt mit den Touristen umgegangen. Ganz anders auf  São Miguel – die Insel selbst ist wunderschön, aber es sind dort jede Menge Besucher unterwegs.

Auf allen Azoren-Inseln gibt es die wunderschönen Hortensien – in weiß, rosa, hellbau, blau, rot-blau und lila säumen sie Straßen, Wege, Felder und Wiesen. Zurecht wird Faial die „Blaue Insel“ genannt – es gibt Hortensien hier in allen Farben, hauptächlich aber sind sie blau. Und weil ich die Hortensien soooo schön finde, gibt’s hier noch mal eine Bildergalerie nur mit Hortensien 😉

Das Wetter ist schon seit Tagen gut, die Sonne scheint, Wolken sind immer wieder am Himmel und bleiben auch schon mal an den Bergen hängen, aber den letzten Regen haben wir vor 10 Tagen gesehen. Im Hafen ist es inzwischen wieder voller geworden, an den Molen liegen die Boote wieder im 3-er-Päckchen. Seit gestern regnet es – gestern den ganzen Tag, heute bis mittags und nachts hat es ganz schön geschüttet. Ein Tief zieht gerade über die Azoren und bringt viel Wind mit. Wir liegen im hintern Teil des nördlichen Hafenbeckens sehr ruhig ohne Schwell. Aber die Windböen schlagen zu – vom Nachbarschiff wird die Masteinheit vom Windgeber aus den Kabeln und der Befestigung gerissen und landet bei uns im Cockpit. Hätte sie einen von uns getroffen, hätte das mindestens ein dicke Beule gegeben.

Schlechtes Wetter gibt es auch 😉

Der ist wohl nicht mehr zu retten

Wenn das Tief durchgezogen ist, werden wir uns  auf den Heimweg machen. Die Windprognose sieht für die nächsten Tage ganz gut aus – ideal sicherlich nicht, aber hoffentlich gut segelbar. Mal schauen, wie sich das Wetter bis Freitag weiter entwickelt 🙂 .

 

 

 

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