St. Mary’s/Isles of Scilly – Dünkirchen/Frankreich

Freitag, den 28.07.2023 – Montag, den 31.07.2023
SW-W 4-8 Bft – 377 sm – 2 Tage 19h 15min – Ø 5,6 kn – gesamt 2.980 sm

St. Mary’s/Isles of Scilly – Dünkirchen/Frankreich

Freitag, den 28.07.2023 – Tag 1

Die genaue Planung für unsere Rückreise gestaltet sich etwas schwierig – wie bisher auch ändert sich die Windvorhersage fast stündlich. Mal sieht es so aus, als wenn es nicht zu windig wird, beim nächsten mal ist alles wieder ganz anders.

Wir starten am Freitag morgen um 06:00 Uhr und peilen erst mal Alderney an. Die Sonne geht über St. Mary’s auf – ein schönes Bild zum Abschluss der drei Tage hier 🙂 .

Sonnenaufgang über St. Mary’s

Morgenstimmung auf St. Agnes

Sonnenaufgang – jetzt schon orange-gelb

Zum Abschied noch ein Regenbogen

Der erste Tag auf See verläuft ruhig ohne besondere Vorkommnisse – es dauert noch ein bisschen, bis der Wind auf die vorhergesagten 15kn (4 Bft) zunimmt. Wir sind gemütlich unterwegs, das Wetter ist schön, dennoch haben wir unsere Kuchenbude geschlossen – bei achterlichem Wind, vor allem nachts, ist das wesentlich wärmer und auch angenehmer, als mit offener Kuchenbude zu segeln. Weicheier die wir sind … 😉 . Bisher war es immer noch so warm, dass wir seit Anfang April, seit wir in Faro gestartet sind, die Kuchenbude nicht mehr aufgebaut haben. Aber so weit nördlich ist es zumindest nachts schon recht frisch.

Ganz anders als auf dem Weg von den Azoren zu den Scillys können wir hier alle drei Stunden einen Wetterbericht von der Coastguard empfangen – wenn auch nicht sehr detailliert, aber eine Vorhersage für 48 Stunden gibt es schon: Wind aus SW – W, 4-6 Bft, Wellen flach bis moderat. Das ist doch schon mal etwas. Mal funktioniert unser Internet, mal nicht – auch so können wir aktuelle Wetterdaten von Wetterwelt und Windy laden.

Die Wetterlage ist weiterhin schwierig – entweder zieht ein Tief durch mit viel Wind oder es ist eher wenig Wind zwischen den Tiefs. Aber im Englischen Kanal gibt es ja in überschaubarer Entfernung Häfen, die wir bei jedem Wetter und bei jedem Wasserstand anlaufen können. Sollte es uns zu windig werden, machen wir halt Pause.

Viel Betrieb im Englischen Kanal – fast alles Fischer

Viele Frachtschiffe, Containerschiffe und Tanker sind unterwegs – die fahren sehr planbar im Verkehrstrennungsgebiet oder auf einer Geraden zwischen zwei Verkehrstrennungsgebieten. Unberechenbar dagegen sind die Fischer 😉 . Zwischen den beiden Verkehrstrennungsgebieten wechseln wir auf die Französische Kanalseite und halten weiterhin auf Alderney zu. Gemütlich schaukeln wir durch die Nacht.

Unser 1. Etmal beträgt 119 sm

Samstag, den 29.07.2023 – Tag 2

Wir segeln weiter bei geschätzten 10-15kn (4-5 Bft) Wind aus SW durch den Englischen Kanal – mal etwas schneller, wenn die Strömung mitläuft, dann wieder etwas langsamer, wenn die Strömung uns entgegen kommt. Die großen Schiffe bleiben im Verkehrstrennungsgebiet, Segler sehen wir erst, als wir an Alderney vorbeisegeln. Wir haben entschieden, vor dem nächsten Tief Richtung Dieppe weiterzusegeln. Nach dem Tief kommt Flaute, dann Gegenwind und dann das nächste Tief – passt alles nicht, wenn wir am Freitag oder Samstag in Urk ankommen wollen. Der Wind wird raum oder achterlich einfallen – das geht auch bei 25kn noch ganz gut. Und wenn es zu viel wird, laufen wir Dieppe, Boulogne-Sur-Mer oder Calais an. Vielleicht ist es ja auch nicht so windig, wenn wir etwas tiefer in die große Bucht zwischen Cherbourg und Boulogne-Sur-Mer reinsegeln – wie immer, wir werden sehen 😉 .

Alderney und das Race of Alderney passieren wir mit ostsetzendem Strom – sehr schön, anders wäre auch schlecht 😉 . So kommen wir gut voran und Point de Barfleur liegt um 19:00 Uhr querab. Mit zunehmendem Wind um 20-25kn (5-6 Bft) und gereffter Genua segeln wir durch die zweite Nacht. Mit zunehmendem Wind werden die Wellen auch wieder höher – die sind hier viel kürzer, als die Atlantik-Wellen 🙁 .

Vollmond

Wir sind zügig unterwegs, das Segeln ist noch ganz angenehm – wir peilen statt Dieppe Boulogne-Sur-Mer an. 10 Stunden später sind die Wellen hoch und ruppig, der Wind weht in Böen immer wieder mit 35kn ( 8 Bft) – ab 21kn (5 Bft) zeigt unser defekter Windgeber wieder die Windstärke an, alles darunter sind immer nur 6kn 😉 .

Unser 2. Etmal beträgt 138sm

Sonntag, den 30.07.2023 – Tag 3

Bei dem auflandigen Wind und den hohen Wellen segeln wir lieber weiter, als Boulogne-Sur-Mer anzulaufen – ist ja auch nicht so ganz einfach, in einem fremden Hafen bei viel Wind anzulegen 😉 . Um mit der Tide das Cap Griz Nez zu umrunden, sind wir zu schnell. Wir haben den Strom noch gegenan, was zu sehr ruppigem Seegang führt. Erst als wir Cap Griz Nez passiert haben, wird die Strömung weniger und als wir in das Fahrwasser nach Dünkirchen einmünden, läuft der Strom mit uns – 11,5kn Fahrt über Grund ist die Spitze 🙂 . Die Geschwindigkeit ist schon fast unheimlich, es weht weiter mit um die 30kn (7 Bft) und in Böen auch mehr. Je weiter wir in die Landabdeckung kommen, um so flacher werden die Wellen – der Wind alleine ist ja kein Problem, aber die brechenden Wellen sind nicht wirklich schön. Wir segeln ruhig durch das Fahrwasser. Kurz schleicht sich die Idee ein, weiter zu segeln, aber es ist für die Nacht und für Montag noch mehr Wind vorhergesagt 7 – 8 Bft, in Böen 9 Bft. Das ruhige Segeln im Moment täuscht über die Verhältnisse etwas weiter mittig im Englischen Kanal. Und nachts durch die Belgischen Sände mit den vielen Flachs muss auch nicht sein.

Die Ansteuerung von Dünkirchen in der Nacht – es ist inzwischen 00:15 Uhr ist nicht ganz einfach – zu viele Lichter, die wir nicht eindeutig zuordnen können. Im großen Vorhafen klarieren wir unsere Fender – viel Platz ist bei dem starken Wind schon hilfreich.

Auf dem letzten Stück zur Marina Port du Grand Large bekommen wir etwas in die Schraube, vermutlich einen Tau oder Fischernetz,  es knirscht und der Motor steht – bei 25kn Wind, Strömung und in einem relativ schmalen Fahrwasser 🙁 . Es dauert nur einen kurzen Moment, bis wir realisieren, dass wir manövrierunfähig sind. Jetzt muss alles ganz schnell gehen – wir treiben auf die Hafenmole zu. Peter lässt den Anker so schnell wie nie runter, der auch tatsächlich greift und hält. Als klar ist, dass wir nicht mehr vertreiben, sondern mittig im Fahrwasser im Anker hängen, rufe ich Port Control über Funk an. Die wiederum setzen sich mit SNLM, der französischen DGzRS (Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffsbrüchiger) in Verbindung und organisieren eine Schlepphilfe für uns. Es dauert dann noch etwas, bis die SNLM bei uns ist, aber wir hängen ja gut in unserem Anker. Ein bisschen mulmig wird uns schon, als sich der riesige Rettungskreuzer nähert, aber der Steuermann hat sein Schiff voll im Griff. Ganz smooth legt er den Rettungskreuzer bei uns längsseits, genügend dicke Fender sind schon ausgebracht und Leinenverbindungen werden hergestellt. Wir spüren kaum, dass der Rettungskreuzer Fahrt aufnimmt und uns in die Marina schleppt. Kein Rucken, kein Anstoßen – nichts! Der Mann versteht sein Geschäft 🙂 . Genauso smooth werden wir längsseits an den Steg gebracht – da braucht er zwei Versuche, es ist eben doch recht windig.

Wir sind ganz schön fertig – auf den letzten Metern nach einem zum Schluss doch anstrengenden Törn noch so etwas. Aber es ist ja zum Glück noch mal gutgegangen, Hilfe ist schnell gekommen und wir haben auch schnell reagiert. Hätten wir den Anker nicht werfen können, oder hätte er nicht gehalten, wäre die andere Option gewesen, die Genua auszurollen, um so manövrieren zu können. Aber unter Segeln in einem fremden Hafen nachts bei viel Wind anzulegen, ist nun nicht gerade das, was wir regelmäßig machen 😉 .

Montag, den 31.07.2023 – Tag 4

Trotz der Aufregung schlafen wir tief und fest – es ist ja auch schon 04:00 Uhr, bis wir endlich im Bett liegen.

Im Marinabüro kann mir die freundliche Dame an der Rezeption am nächsten Morgen einen Taucher organisieren. Eigentlich könnten wir mit unserer Ausstattung an Bord auch selbst tauchen, aber bei Wind, Regen und nicht ganz so kuscheligen Temperaturen überlassen wir das lieber einem Profi 😉 . Mit der Go-Pro hat Peter schon Aufnahmen vom Saildrive und der Schraube gemacht. Da ist nicht nur ein Tau reingekommen, das sieht nach einem ganzen Fischernetz mit Plastiktüte aus, auf jeden Fall ist es etwas größeres 🙁 . Der Taucher kommt gegen Mittag, sieht sich die Bilder an und schneidet in kürzester Zeit den Übeltäter von unserer Schraube – ein kleines Igluzelt. Ob es vom vielen Wind in den letzten Tagen in’s Wasser geweht wurde oder ob es jemand nicht mehr gebrauchen konnte und in’s Wasser geworfen hat – wer weiß es? Vielleicht hätten wir es im Hellen gesehen und das Missgeschick vermeiden können, im Dunkeln war auf jeden Fall nichts zu sehen. Dumm gelaufen, aber Glück im Unglück, dass nichts passiert ist.

Der Taucher hat keine Sauerstoffflaschen dabei …

… ist für ihn aber kein Problem, auch ohne Sauerstoff zu tauchen

Das ist der Übeltäter …

Reste vom Zelt, die sich um die Propellernabe gewickelt haben

Das Wetter ist bescheiden, es regnet und stürmt. Wir bleiben an Bord und checken, ob es morgen für uns weitergehen wird. Die Wettervorhersage sieht gut aus, Wind aus W um 20kn (5 Bft), später auf SW drehend 15-20kn (4-5 Bft). Und die Sonne soll auch wieder scheinen 🙂 . Einzig das Tief, das sich aus Westen nähert, darf nicht zu schnell ziehen – sonst wird’s wieder ungemütlich. Aber auf der Strecke nach Ijmuiden gibt’s mehrere Häfen, die wir anlaufen könnten, falls es zu stürmisch wird. Und einmal im Nordzeekanal nach Amsterdam angekommen, kann es draußen auf der Nordsee ruhig stürmen. Etwas abgeschwächt soll das Tief über den Nordseekanal und das Ijsselmeer ziehen – windig werden soll es auf dem Ijsselmeer erst gegen 14:00 Uhr am Mittwoch.Und da sind wir hoffentlich schon in Enkhuizen im Stadthafen fest  🙂 .

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