Zurück in Spanien auf unserer Ruby Tuesday

Dienstag, den 07.04.2022 – Freitag, den 22.04.2022

Wir sind wieder an Bord unserer Ruby Tuesday – eigentlich freuen wir uns, wieder in unser Seglerleben einzutauchen. Eigentlich … aber der Abschied von der Familie, unseren Eltern, unseren Kindern und Enkelkindern fällt uns jedes mal ein bisschen schwerer – diesmal ganz besonders. Der Krieg in der Ukraine vor unserer Haustüre, der so viel Leid, Elend und Fassungslosigkeit mit sich bringt, bedrückt und ängstigt uns sehr. Von der Unbeschwertheit, mit der wir vor der Corona-Pandemie auf unsere Langzeit-Törns gegangen sind, ist nicht mehr viel übrig. Dafür ist die weltpolitische Lage zu beängstigend und der Ausgang zu ungewiss.

Wie schreibt man in dieser Zeit einen Blog über die Zeit auf unserer Ruby Tuesday, das Segeln, die Ausflüge, die neuen Bekanntschaften, die Erlebnisse – darf man sich überhaupt noch so richtig freuen und das Leben genießen? Ja, wir haben beschlossen, dass wir das dürfen – solange, wie es noch geht – gesundheitlich, altersmäßig und eben auch weltpolitisch. Alles andere wäre auch nicht echt, denn Krieg hat es immer irgendwo auf der Welt gegeben, ohne dass es uns in unserem Verhalten beeinflusst hat – nur war es bisher nicht so nah. In diesem Sinne – den Krieg in der Ukraine werden wir nicht aus den Augen verlieren, aber die Nachrichten darüber werden auf unserer Ruby Tuesday nicht mehr so präsent sein, wie bisher – Segeln, Wind und Wetter werden in unseren Gedanken den größeren Raum einnehmen und ab jetzt im Vordergrund stehen.

Dienstag, den 05.04.2022 – Mittwoch, den 06.04.2022

Unser kleiner Golf ist bis oben hin vollgepackt, wir haben nicht damit gerechnet, dass wir all die Ersatzteile, Kisten, Kartons und Taschen verstauen können – aber bis auf zwei Packungen Toilettenpapier haben wir alles in den Golf bekommen. Und Toilettenpapier soll man ja auch in Spanien und Portugal kaufen können 😉 .

Wir starten früh, denn wir wollen heute gerne Bayonne an der französich – spanischen Grenze erreichen. Den ersten Stau haben wir allerdings schon am Neersener Kreuz – ein Schwerlasttransporter ist in einer Baustelle von der Autobahn in den Graben gerutscht. Dazu regnet es – nicht die besten Voraussetzungen für so eine lange Strecke. Aber es geht dann doch ganz gut voran, in Paris haben wir mal keinen Stau und südlich von Paris scheint dann auch die Sonne. Bayonne erreichen wir um kurz vor 21:00 Uhr und fahren am nächsten Morgen nicht ganz so früh, wie geplant wieder los. Das Autofahren in Frankreich und Spanien ist vollkommen entspannt – es gibt ein Tempolimit von 120 km/h und auf den meisten Autobahnen muss man Maut bezahlen. Die Autobahnen sind leer und es wird weder gerast noch gedrängelt, denn alle paar Kilometer wird mit Radar kontrolliert. So kommen wir gegen 15:00 Uhr stressfrei in San Adrian an.

Unsere Ruby Tuesday schwimmt, auf den ersten Blick sieht sie gut aus, erst beim Näher kommen sehen wir den Sahara-Sand an Deck. Da haben wir wohl jede Menge zu schrubben.

Alles im Lot auf´m Boot …

… alles in Butter auf´m Kutter 😉

Auch unter Deck ist alles ok, es ist nicht feucht und riecht wie immer! Los geht´s – das Auto muss ausgepackt, alles verstaut und das Deck geschrubbt werden.

Donnerstag, den 07.04.2022 – Donnerstag, den 14.04.2022

In den nächsten Tagen arbeiten wir unsere lange To-Do-Liste ab – mal größere, schwierigere Arbeiten, mal einfach nur Kleinigkeiten. Einfach ist das Arbeiten auf einem Segelschiff ja leider nicht – es ist immer mit viel Unordnung verbunden und meistens arbeitet man in ziemlich unbequemer Haltung.

Kein Wunder, dass Peter „Rücken“ hat

Aber wir kommen gut voran, auch die Segel sind schnell angeschlagen. Das Wetter ist durchwachsen. Mittwoch und Donnerstag ist es so warm, dass wir die kurzen Hosen und T-Shirts anziehen. Freitag schüttet es, Montag und Dienstag gehen immer wieder Schauer durch. Wir passen unsere Arbeiten an das Wetter an- bei Sonne arbeiten wir draußen, bei Regen unter Deck.

San Adrian bei Sonnenschein

Aber nicht alles läuft glatt – der Weg zum Liegeplatz ist lang und wir packen alle Sachen in Einkaufswagen, die vom Hafen zur Verfügung gestellt werden. Wir sind wegen der langen Wege immer mit zwei Einkaufwagen unterwegs – können diese aber nur nacheinander und zu zweit die doch recht steile Gangway vom Eingang zu den Stegen runterrollen.

Steile Gangway vom Eingang zu den Stegen

Ein Wagen steht schon auf dem Steg, den anderen Wagen rollen wir gerade die Gangway runter, da wird der untenstehende Einkaufswagen, beladen mit Ersatzteilen und diversem Material, von einer Windbö erfasst und rollt in´s Hafenbecken. Ich renne die Gangway runter, Peter kommt mit dem zweiten Wagen hinterher, aber es ist zu spät. Wir können nur noch zugucken, wie der Wagen untergeht. Ich springe in voller Montur mit Regenhose und Segelstiefeln in´s Wasser und rette, was zu retten ist – und das ist dann doch eine ganze Menge. Vor allem die sehr teuren Teile kann ich aus dem Wasser fischen. Die Verluste halten sich dann in Grenzen, nach ein paar Tagen kann ich bei glasklarem Wasser, Windstille, Sonnenschein und Niedrigwasser noch einige Teile aus dem Hafenbecken fischen.

Glasklares Wasser – da könnte man ja noch ein bisschen fischen

Ventilator für die Belüftung des Motorraums – da haben es sich schon die Muscheln gemütlich gemacht

Der Hafenmeister hat uns bei beiden Einsätzen tatkräftig unterstützt. Allerdings ist es nicht gerade einfach, voll bekleidet ohne Leiter aus dem Wasser auf den Steg zu kommen – mit viel Kraft hat Peter mich auf den Steg gezogen. Wie schwierig ist es erst, wenn man über Bord geht und dann wieder zurück auf´s Schiff will.

Marina San Adrian

Das Unterwasserschiff von unserer Ruby Tuesday ist recht stark bewachsen – drei Jahre nur im Wasser sind einfach zu viel. Im letzten Jahr haben wir ja schon einiges an Bewuchs beim Tauchen abgekratzt, aber über den Winter hat sich wieder viel neuer Bewuchs festgesetzt. Am Montag, den 18.04.2022 haben wir in Vigo in der Davila Marina einen Termin zum Auskranen – das ist die einzige Werft hier, bei der wir auch selbst an unserer Ruby Tuesday arbeiten dürfen. Wir wollen neues Antifouling streichen, Opferanoden austauschen und Saildrive, Bugstrahlruder und Logge vom Bewuchs befreien und die Propellerblätter polieren. Und der Rumpf ist auch seit drei Jahren nicht mehr poliert worden – viel Arbeit wartet auch hier auf uns. Aber bis dahin machen wir erst mal drei Tage „Urlaub“ vor Anker und tun nichts 🙂 .

Freitag, den 15.04.2022 – Sonntag, den 17.04.2022

Freitag, den 15.04.2022
San Adrian – Enseada de Limens
SW 1-4 Bft – 14sm – 4h 35min – Ø 3,1kn – gesamt 14sm

San Adrian – Enseada de Lime´ns

Die Sonne scheint, der Wind schläft und wir machen die Leinen in San Adrian nach 6 Monaten los. San Adrian war ein super Überwinterungshafen – kein Schwell, abgeschlossene Stege und ein sehr aufmerksamer Hafenmeister, der mindestens zwei mal täglich alle Boote abläuft und die Leinen kontrolliert.

Manövrieren läßt sich unsere Ruby Tuesday nicht wirklich gut, der Propeller scheint extrem stark bewachsen zu sein. Gut, dass kein Wind weht, so kommen wir ohne Zwischenfälle aus dem Hafen. Wir motoren erst mal ein ganzes Stück, fahren unter der beeindruckenden Brücke Ponte de Rande, die nach Vigo führt, durch und setzen Segel, als der Wind dann doch so langsam einsetzt.

Ponte de Rande

Unsere Ruby Tuesday segelt wesentlich besser, als dass sie unter Motor voran kommt. Mit Wind aus SW, 3-4 Bft kreuzen wir durch die Ría de Vigo nach Westen – es weht dann doch mehr Wind, als der Wetterbericht vorhergesagt hat 🙂 .

Eigentlich wollen wir nach Baiona segeln und dort ankern, aber bei dem vorhergesagten Wind aus N – NW ist uns das dann doch zu unruhig – die Bucht vor Baiona ist nach Norden hin offen. Es soll wohl nicht sehr windig werden, aber wir haben jetzt schon viel mehr Wind, als aktuell die Wetterberichte vorhersagen. Also Planänderung – wir biegen in die Enseada de Liméns an den nördlichen Rand der Ría de Vigo ab und lassen dort den Anker fallen.

Schön ist es hier, das westliche Ufer ist nicht bebaut, dort stehen nur zwei einsame Häuser, am östlichen Ufer schmiegt sich der kleine Ort Liméns an die Hügel. Voll ist es hier nicht – ein paar Segelboote liegen in der Bucht, die aber gegen Abend zurück in die Marinas segeln.

Enseada de Liméns

Hier bleiben wir bis Montag morgen und genießen das schöne Wetter, das sanfte Schaukeln unserer Ruby Tuesday und das Nichtstun 🙂 . Von Bord gehen wir nicht, wir haben unser Dinghi noch nicht aufgepumpt. Das würde in den nächsten Tagen auf der Werft nur stören.

Montag, den 18.04.2022 – Freitag, den 22.04.2022

Montag, den 18.04.2022
Enseada de Liméns – Davila Marina Vigo
N 2 Bft – 4sm – 1h 31min – Ø 2,9kn – gesamt 18sm

Enseada de Liméns – Davila Marina Vigo

Wir holen den Anker hoch, als es gerade hell wird – das ist hier etwas später, als in Deutschland. Gegen 08:30 Uhr sind wir unterwegs zur Davila Marina in Vigo, um 12:00 Uhr haben wir dort den Krantermin. So lange brauchen wir nicht, um nach Vigo rüber zu motoren, aber wir sollen ruhig etwas eher kommen, falls schon vorher die Möglichkeit besteht, zu kranen. Segeln können wir bei dem wenigen Wind von hinten nicht, unter Motor sind wir aber auch nicht schnell. So langsam steigt die Anspannung – wie funktioniert das Kranen in der Werft und vor allem, wie sehen unser Unterwasserschiff, das Bugstrahlruder und der Saildrive mit den Propellerblättern aus.

Vor dem Kran können wir erst mal längsseits an einem Wartesteg festmachen. Es bleibt bei dem Termin um 12:00 Uhr – die Zeit nutze ich, um unser Auto von San Adrian nach Vigo zu holen. Mit dem Taxi bin ich in 20 Minuten in San Adrian und ebenso schnell mit unserem Auto zurück in Vigo. Das Auto brauchen wir hier, denn anders als wir es bisher kennengelernt haben, dürfen wir hier in der Werft nicht auf unserer Ruby Tuesday übernachten, sondern müssen das Werftgelände verlassen, wenn Feierabend ist. Wir haben für drei Nächte über Airbnb ein Appartement in Bouzas, dem alten Fischerviertel von Vigo gebucht – das ist nur 5 Minuten mit dem Auto von der Marina entfernt.

Wir sind ja auf vieles vorbereitet, aber als wir unsere Ruby Tuesday dann im Kran sehen, verschlägt es uns doch die Sprache. Es sind Muschelzuchten am Bugstrahlruder, am Saildrive und am Ruderblatt, der Kiel ist in der unteren Hälfte ebenfalls mit Muscheln bewachsen, ebenso Lot/Logge und vorausschauendes Echolot. Das ganze Unterwasserschiff ist von einem dicken Algenfilm bedeckt.

Bugstrahlruder

Saildrive

Kiel

Lot/Logge und vorausschauendes Echolot

Fast zwei Stunden wird das Unterwasserschiff mit einem Hochdruckreiniger abgespritzt, die Muscheln werden abgekratzt und wir sind auch schon dabei, überall dort zu kratzen, wo wir nicht vom Hochdruckreiniger nassgespritzt werden. Eine sch….Arbeit.

Auf dem Weg zum Standplatz

Da müssen wir uns wohl für die Zukunft etwas einfallen lassen – ein Winterliegeplatz an Land mit stehendem Mast ist nicht unsere erste Wahl, aber vielleicht müssen wir unsere Ruby Tuesday dann doch jedes Jahr zum Reinigen des Unterwasserschiffs aus dem Wasser kranen lassen – zumindest solange wir noch im Süden segeln und nicht wieder im Ijsselmeer unseren Winterliegeplatz haben 😉 .

Die nächsten Tage sind angefüllt mit den typischen Arbeiten, wenn das Schiff aus dem Wasser kommt: Peter kümmert sich um Bugstrahlruder, Saildrive, Propellerblätter, Lot und Logge und die Opferanoden, ich streiche zwei Schichten Antifouling und poliere den Rumpf.

Wir sind abends so geschafft, dass wir keine Lust mehr haben, nach Vigo zu fahren und uns die Altstadt anzusehen – das muss warten. Aber wir machen dann doch einen Rundgang durch das Fischerviertel Bouzas, in dem unser Appartement liegt.

Fischerviertel Bouzas

Camelie – jetzt schon fast verblüht. Im letzten Jahr war ich auf der Suche nach den Camelien – da blühten sie noch nicht

Eigentlich sind wir am Donnerstag dann fertig mit allen Arbeiten, aber wir hatten mit der Werft Anfang der Woche abgesprochen, dass wir erst am Freitag wieder in´s Wasser wollen – bloß keinen unnötigen zeitlichen Druck 😉 .

Da srahlt nicht nur der Propeller wieder in altem Glanz

Da wir das Appartement nur bis Donnerstag gebucht haben und es ab Freitag anderweitig vermietet ist, verbringen wir die letzte Nacht in einem Hotel im Hinterland von Bouzas. Ohne es zu wissen, haben wir ein sehr günstiges Zimmer mit Frühstück in einer spanischen Hazienda gebucht – einfach toll! Trotzdem haben wir uns im Appartement wohler gefühlt, denn dort hatten wir doch mehr Platz, uns zu bewegen und unsere sieben Sachen auszubreiten 😉 .

Hotel OPazo

Freitag, den 22.04.2022
Davila Marina Vigo – Cangas, Praia de Rodeira
NE 1 Bft – 3sm – 0h 45min – Ø 4,7kn – gesamt 21sm

Freitag Morgen machen wir mit dem Auto noch einen Großeinkauf, verstauen alles auf dem Boot und warten dann, dass wir wieder in´s Wasser gekrant werden. Das dauert dann doch noch bis um 15:30 Uhr – irgendwie hat die Marina uns vergessen 🙁 . Pünktlich zum Einkranen schüttes es aus Kübeln – egal, Hauptsache unsere Ruby Tuesday schwimmt wieder!

Warten auf´s Einkranen

Wir legen noch für einige Stunden am Steg in der Marina an, um das Deck abzuspritzen, zu schrubben und das Dinghi aufzupumpen, dann geht´s rüber nach Cangas zum Ankern vor dem Praia de Rodeira. Mit dem Werftaufenthalt und der Unterstützung der Werftmitarbeiter der Marina Davila sind wir ebenso zufrieden, wie mit unserem Winterliegeplatz in San Adrian – beides eine sehr gute Wahl und auf jeden Fall weiterzuempfehlen. Beides ist allerdings nicht zentral gelegen, in San Adrian gibt es nicht einmal einen Lemi-Laden – ein Auto ist schon hilfreich, egal ob ein eigenes (Sail and Drive 😉 ), ein Mietwagen, oder ab und an ein Taxi.

Nachdem wir jetzt alle doch recht anstrengenden Arbeiten von unserer To-Do-Liste erledigt haben, können wir so langsam in den „Reisemodus“ übergehen 😉 . Noch weht der Wind aus Süd – für uns jetzt nicht die richtige Richtung, denn wir wollen weiter nach Süden, nach Portugal. Aber ab Donnerstag dreht der Wind auf Nord und dann geht´s weiter. Bis dahin bummeln wir ein bisschen durch die Ría de Vigo – Vigo und Baiona wollen wir uns noch ansehen und natürlich gerne noch mal vor den Isla de Cies, vor San Martiño ankern. Dort haben wir im letzten Herbst schon gelegen und waren ziemlich begeistert von der Ankerbucht mit dem schönen Strand und dem türkis-farbenen Wasser.

 

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