Segelpause

Donnerstag, den 12.08.2021 – Mittwoch, den 01.09.2021

Mit dem Bus fahren wir Donnerstag morgens um 07:00 Uhr nach Santiago de Compostela, um von dort nach Düsseldorf zu fliegen.

Es ist noch dunkel in Muros, als wir zur Haltestelle laufen. Schön sehen die beleuchteten Häuser am Hang aus. Der Bus kommt pünktlich und bei zunehmendem Tageslicht können wir dann auch die schöne Landschaft am Ria de Muros sehen.

Muros

Die Berge hier sind nicht mehr felsig und schroff, so wie an der Costa da Morte, sondern bewaldet. Wir fahren durch kleine Orte, vorbei an schönen Sandstränden, die gelb in der Morgensonne leuchten und ab Noia, am Scheitel des Ria de Muros, biegen wir in’s Inland ab Richtung Santiago de Compostela.

Möwen am morgendlichen Strand

Die Straßen sind eher schmal und sehr kurvig, es geht bergrauf und bergrunter – nichts für einen empfindlichen Magen 😉  – aber auch hier ist die Landschaft wunderschön.

Am Busbahnhof müssen wir erst in zwei Stunden den Bus zum Flughafen nehmen – wir nutzen die Zeit, um einen kleinen Rundgang durch die Altstadt von Santiago de Compostela mit der Kathedrale zu machen. Es ist noch früh und somit ist nicht viel Betrieb in den engen Gassen der Altstadt.

Die vielen Kneipen, Restaurants und Cafés sind noch geschlossen oder werden gerade mit Nachschub beliefert. Ein paar Touristen und vor allem auch Wanderer oder Pilger mit ihren großen Rucksäcken sind unterwegs – die meisten auf dem Weg zur Kathedrale.

Auf dem Kathedralvorplatz, dem Praza do Obradoiro, ist schon etwas mehr Leben – hier ist der zentrale Treffpunkt der Touristen und Pilger aus aller Welt. Die Kathedrale erstrahlt wieder in vollem Glanz, nachdem sie in den letzten Jahren hinter Gerüsten und Planen verschwunden ist und restauriert wurde. Nur an einzelnen Stellen werden noch letzte Arbeiten erledigt.

Katherale von Santiago de Compostela

 

Pünktlich zum Jakobusjahr 2021 ist fast alles fertig. Am 25. Juli ist der Festtag des Heiligen Jakobus – fällt dieser Tag auf einen Sonntag, so wie in diesem Jahr, sieht der Kalender ein Jakobusjahr vor. Nur in den Jakobusjahren wird die Heilige Pforte auf der Rückseite der Kathedrale geöffnet – es sei denn, Papst Franziskus ruft ein heiliges Gnadenjahr aus, so wie 2016. Na ja – ein bisschen katholischer Hokus-Pokus ist das schon 😉 .

Wie auch immer, wir sind von der Architektur der Kathedrale und der anderen Gebäude rund um den Praza do Obradoiro fasziniert, tauchen ein in diese besondere Atmosphäre und lassen uns von der Freude der Pilger, die hier ihr Ziel erreichen, anstecken. Auch für uns war der Weg hierher nicht immer ganz einfach – ob man mit einem Segelboot auch pilgern kann 😉 ? 2019 sind wir von der Marina Hendaye zum Startpunkt des französischen Jakobweges gefahren, heute sind wir von der Marina Muros nach Santiago de Compostela unterwegs und dazwischen waren wir auch schon am Cabo Finisterre, dem endgültigen Ende des Jakobweges. Vielleicht mache ich mich irgendwann doch mal zu Fuß auf den Weg – nicht wegen des Pilgergedankens, sonder eher wegen einer langen Wanderung durch die wunderschöne nordspanische Landschaft 🙂 .

Gerne würden wir die Kathedrale auch von innen sehen, aber als wir zum Eingang auf der Rückseite der Kathedrale kommen, sehen wir schon die lange Warteschlange – hier sind also all die Menschen, die wir in den Gassen vermisst haben 😉 . Kurz überlegen wir, uns anzustellen, aber die Zeit wird uns dann doch zu knapp – unser Flugzeug wird nicht auf uns warten.

Warteschlange an der Rückseite der katherale

Pünktlich sind wir am Flughafen von Santiago de Compostela und mit einer Zwischenlandung in Madrid landen wir ebenso pünktlich in Düsseldorf. Entgegen aller Erwartungen wegen des Bahnstreiks fährt tatsächlich ein Zug nach Essen. Das letzte Stück fahren wir mit dem Bus – dann sind wir um 21:00 Uhr wieder zu Hause – froh, nach so langer Zeit endlich die FFP2 Masken abzunehmen.

Die Zeit mit unseren Enkelkindern, Kindern, Eltern und Freunden verrinnt wie im Flug – es ist eine schöne, intensive, aber auch anstrengende Zeit, die wir auf keinen Fall missen wollen. Am Sonntag, den 29.08.2021 fahren wir mit einer Übernachtung in Bayonne mit unserem Auto zurück nach Muros – Sail and Drive heißt die Devise für die nächsten Wochen 😉 .

Unserer Ruby Tuesday geht’s gut, sie liegt fest vertäut in der Box und ist auch nicht besonders schmutzig. Peter baut als erstes das neue Motorschloss, das wir von zu Hause mitgebracht haben, ein, damit wir unseren Motor wieder mit dem Motorschlüssel starten können und nicht mit einem Schraubenzieher kurzschließen müssen. Aber – es funktioniert immer noch nicht 🙁 . Offensichtlich liegt der Fehler nicht am Motorschloss. Peter prüft noch mal alle Kabel und entdeckt dabei ein Relais, das so gut versteckt eingebaut ist, dass er es bisher nicht gesehen hat. Das scheint nicht mehr zu funktionieren. In Vigo gibt es einen Volvo Penta Händler, laut telefonischer Auskunft der Sekretärin ist das Ersatzteil vorrätig 🙂 .

Da wir sowieso nach Vigo fahren wollen, um uns in der Ría de Vigo nach einem Winterliegeplatz für unsere Ruby Tuesday umzusehen,  passt das ja ganz gut. Also starten wir heute unsere erste Autotour.

In Vigo gibt es vier Häfen, in denen unsere Ruby Tuesday überwintern könnte und einen weiteren Hafen ganz weit hinten in dem Ría de Vigo bei dem kleinen Dorf San Adrián. Dorthin fahren wir zuerst. Die Hafenmeisterin begrüßt uns sehr freundlich, die Stege sind abgeschlossen, die Sanitäranlagen sehr sauber, der Hafen liegt gut geschützt. Hier würden wir unsere Ruby Tuesday schon gerne im Winter lassen, bekommen aber eine endgültige Zusage erst am 10.09.2021, weil dann erst absehbar ist, ob für uns schon ab Ende September Platz ist. Der Hafen ist vermutlich auch wegen seines günstigen Preises zum Überwintern begehrt.

Marina San Adrián

Weiter geht’s nach Vigo – bin ich froh, dass Peter fährt. Das System aus Tunneln und Fahrbahnen parallel über dem Tunnel checkt unser Navi nicht so richtig – es will uns im Tunnel gerne mal durch einen Kreisverkehr schicken. Es ist viel Verkehr, die Fahrer fahren forsch bis aggressiv – so wir wir es aus deutschen Großstädten auch kennen. Auf den ersten Eindruck reizt uns nichts an Vigo – nicht mal zu einer kurze Besichtigung können wir uns entschließen. Viel Industrie, viele Hochhäuser – sicherlich gibt es auch hier irgendwo eine schöne Altstadt – den Besuch verschieben wir erst mal. Bei Volvo Penta erleben wir dann eine Enttäuschung – das Relais ist leider in dem riesigen Ersatzteillager nicht vorrätig, kann aber bis morgen bestellt werden. Oder sie würden es auch nach Muros schicken. Wir holen es lieber hier ab, wer weiß, wann es in Muros ankommt und ob Pedro dann auch tatsächlich in seinem Büro ist, um es anzunehmen oder gerade dann auf den Stegen in der Marina unterwegs ist.

Drei der vier Häfen in Vigo schauen wir uns an, den vierten, den Real Club Nautico mitten in der Stadt können wir mit dem Auto nicht erreichen – Einbahnstraßen, gesperrte Straßen, Umleitungen und letztlich eine Schranke vor dem Parkplatz, die nur von Vereinsmitgliedern mit einer Chipkarte geöffnet werden kann – dann eben nicht 😉 . In allen Häfen können wir einen Liegeplatz zu sehr unterschiedlich hohen Preisen bekommen – es wird sich also für unsere Ruby Tuesday ein passendes Plätzchen finden, wir müssen nur noch etwas Geduld haben. In Muros können wir auf jeden Fall bleiben – der Hafen ist jetzt im September fast leer. Nur noch ein paar Nachzügler auf dem Weg zur ARC 2021 oder auf dem Weg nach Süden sind jetzt unterwegs.

Auf dem Weg zurück nach Muros machen wir dann auch noch ein bisschen sightseeing. Wir fahren auf schmalen Straßen durch die Berge zum Aussichtspunkt Mirador de Énza – grandios 🙂 . Die Straße führt durch kleine Dörfer, immer gibt es auch mal eine Kapelle, oft nicht mal einen Lebensmittelladen. Wir fragen uns, warum die Menschen gerade hier ihre Häuser gebaut haben und wovon sie hier leben. Natur pur und wunderschöne Landschaft 🙂 .

Namenloses Dorf mit Kapelle unterwegs in den Bergen

Der Aussichtspunkt ist oberhalb eines Wasserkraftwerkes an einem Stausee. Nach Norden können wir fast in den Ría de Corcubión sehen, im Westen liegt das Cabo Finisterre im Dunst und im Süden liegt direkt vor uns der Monte Pindo aus rotem Granit und zu seinen Füßen die malerische Lagune der Mündung des Rio Xallas und der Ort O Pindo.

Staumauer und Stausee

Monte Pindo

Lagune der Mündung des Rio Xallas und der Ort O Pindo

Die Straße zur Lagune und zum Wasserkraftwerk ist mit 30 Prozent Gefälle nicht gerade flach – hier werden Radrennen ausgetragen, vermutlich eher bergauf, glaubt man den spanischen Erläuterungen zu den Radrennfahrern aus Stahl.

Denkmal für die Radrennfahrerinnen

Vom Wasserkraftwerk führt ein Weg zu einem schönen Wasserfall – vor allem die Färbung der Felsen ist interessant und die Atmosphäre in diesem kleinen Talkessel ist sehr schön. Abends wird das ganze Ensemble wohl beleuchtet – wir sehen an mehreren Stellen große Scheinwerfer. Ist bestimmt auch sehr sehenswert.

Wasserfall am Wasserkraftwerk

Wasserkraftwerk

Schon vom Wasser konnten wir auf unserem Törn vom Ría de Corcubión nach Muros den sichelförmigen Strand von Carnota sehen – von Landseite müssen wir erst durch ein breites Feuchtgebiet und Dünen, um zum Wasser zu kommen. Im Feuchtgebiet sind kleine Lagunen, das Wasser ist im Gegensatz zum Atlantik sehr warm – zum Vergnügen der kleinen Kinder, die darin rumtoben. Der Strand ist in seinen Ausmaßen wirklich beeindruckend und vielleicht auch einmalig. 7km lang, sichelförmig, feinster, weißer Sandstrand 🙂 .

Lagune am Strand von Carnota

Unendlich langer Sandstrand von Carnota

Hórreos, die Getreidespeicher mit einem oder zwei Kreuzen auf dem Dach, die eigentlich mehr aussehen, wie Mausoleen, stehen ja überall, sind aber trotzdem immer wieder faszinierend. In Carnota steht ein ganz besonders großes Exemplar. Mit 34,5 Metern Länge und auf 22 Paar Stützen ist es der größte Hórreo Galiciens. Zusammen mit einem Taubenturm und der Kapelle Santa Comba ist dieser Hórreo schon sehenswert.

Hórreo von Carnota

Kurze Zeit später sind wir wieder in Muros auf unserer Ruby Tuesday und lassen den Tag im Cockpit ausklingen. Es ist immer noch so warm, dass unser Sonnensegel noch mal zum Einsatz kommt 🙂 .

Bevor wir uns am Mittwoch wieder auf den Weg nach Vigo machen, um unser Ersatzteil abzuholen, fahren wir noch mal nach Santiago de Compostela – das liegt nicht direkt auf dem Weg, aber der Umweg ist auch nicht riesig. Heute haben wir mehr Zeit, um durch Santiago de Compostela zu bummeln – vor allem würden wir doch gerne die Kathedrale von innen sehen.

Wir sind gegen 10:00 Uhr in Santiago de Compostela – viel Betrieb ist nicht. Ganz überrascht sind wir, dass wir ohne Warteschlange direkt in die Kathedrale gehen können 🙂 . Und auch in der Kathedrale sind nicht viele Besucher.

Auch von innen wurde die Kathedrale in den letzten Jahren restauriert, die Arbeiten sind inzwischen abgeschlossen. Wie die meisten spanischen Kirchen ist auch die Kathedrale von Santiago de Compostela sehr dunkel – es fehlen die vielen Fenster mit Motiven aus buntem Glas, das die Sonne leuchten lässt. Aber zur Inszenierung des gold-leuchtenden Hochaltars mit der silbernen Figur des Jakobus passt das ganz gut. Steht man hinten in der Kathedrale mit Blick auf den Hochaltar, guckt man aus einem mehr oder weniger dunklen Gang auf den goldenen Altarraum.

Goldener Hochaltar

Orgelpfeifen über dem Hauptgang

Vor dem Altar hängt an einem dicken Seil der Botafumeiro, das silberne riesige Weihrauchfass der Kathedrale, wie ein Pendel von der Decke.

Botafumeiro

Aufhängung des Botafumeiros

Er schwingt – wenn er schwingt – über den Köpfen der Gläubigen in die beiden Querschiffe. Nicht in jeder Messe schwingt der Botafumeiro, dafür ist der Verschleiß am Seil und Weihrauchfass zu groß, aber häufig ist er in den Pilgermessen in Betrieb – meistens findet sich eine Pilgergruppe, die für das Fliegen des Botafumeiro bezahlt – für 450 Euro nicht gerade günstig. Aber was tut man nicht alles, um die Kirche zu unterstützen – genug Spendenkästen hängen auch überall in der Kathedrale 😉 .

Die Seitenkapellen sind geöffnet, die meisten aber für die Beichte oder Gespräche zwischen Gläubigen und Kirchenmännern in den unterschiedlichen Sprachen belegt. Es mutet schon etwas eigenartig an, den Gläubigen dabei zusehen zu können – einen Beichtstuhl oder vielleicht auch nur einen Vorhang gibt es nicht.

Seitenkapelle ohne Beichtgelegenheit – mit Jakobsmuscheln an der Decke und einem Kronleuchter, der eher in ein Schloss passt

Um in die Krypta zu kommen, verlassen wir die Kathedrale und betreten diese erneut durch die heilige Pforte. Eine enge Treppe runter, einen schmalen Gang entlang, kommen wir an der Reliquie des heiligen Jakobus vorbei – gut gesichert hinter einem schmiedeeisenen Gitter. Und schon sind wir wieder draußen.

Heilige Pforte – Zugang zur Krypta

Hier treffen wir dann doch auf eine endlos lange Warteschlange, um in die Kathedrale zu kommen – in einer halben Stunde beginnt die Pilgermesse. Ob all die Besucher in der Kathedrale einen Platz finden? Vermutlich nicht, denn die Kathedrale selbst ist gar nicht so groß, der ganze Gebäudekomplex mit den Anbauen wirkt einfach nur riesig.

Wie lange müssen die Besucher wohl warten?

Wir haben erst mal genug gesehen, schlendern noch ein bisschen durch die Altstadt mit den engen Gassen und schönen Plätzen und laufen dann zur Alameda, dem Stadtpark, der sich direkt an die Altstadt anschließt.

In vergangenen Zeiten war der zentrale Spazierweg der Alameda den Angehörigen der oberen Gesellschaftsschichten vorbehalten, auf den Seitenwegen flanierten die unteren Schichten. Gut, dass diese Zeiten vorbei sind – wir bummeln kreuz und quer durch den Stadtpark mit Platanen, Eichen, Mammutbäumen, Eukalyptusbäumen, Kamelien und vielen bunten Blumen.

In der Alameda

In Vigo fahren wir direkt zum Volvo Penta Händler, kaufen das Relais und sind kurz darauf wieder in Muros – das Relais ist schnell eingebaut, das Anlassen des Motors funktioniert wieder 🙂 .

Morgen beenden wir dann unsere Segelpause und suchen uns eine schöne Ankerbucht im Ría de Muros – Wind zum Segeln haben wir leider nicht viel. Das wird sich in den nächsten Tagen auch nicht groß ändern, aber die Sonne scheint und es ist warm – das reicht schon, um zufrieden zu sein 🙂 und vielleicht machen wir ja doch noch die eine oder andere Wanderung.
.

 

Dieser Beitrag wurde unter 2021 - Galicien veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.