Über die Biskaya von Camaret-sur-Mer nach Avilés

Sonntag, den 11.07.2021 – Dienstag, den 13.07.2021
SW 3-4 Bft drehend auf NW 3-6 Bft – 311sm – 51h 18min – Ø 6,1kn – gesamt 929sm

Camaret-sur-Mer – Aviles

In Camaret-sur-Mer bleiben wir nicht lange alleine außen am Steg. Erst legt sich die Dana Felicia, ein 20 Meter langes Aluschiff mit allem Zipp und Zapp, was man für eine Weltumseglung so braucht, hinter uns, etwas später macht ein nagelneues, ebenso großes, vielleicht auch noch größeres, noch namenloses Schiff vor uns fest.

Mit dem Skipper von der Dana Felicia kommen wir schnell in’s Gespräch – er hat die Welt umsegelt und ist jetzt nach einem Jahr Auszeit wegen Corona wieder auf dem Weg nach Vigo, um dann in’s Mittelmeer zu segeln. Das neue namenlose Schiff wird von einer Crew gesegelt, die nach dem Anlegen ziemlich schnell das Schiff verlässt – zu beschäftigt oder zu fein zum Grüßen 😉 . Nur ein Crewmitglied bleibt an Bord und arbeitet irgendeine To-Do-Liste ab – wir sehen ihn am nächsten Morgen mit einem Akkuschrauber an Bord hantieren. Auf jeden Fall verschwindet unsere Ruby Tuesday zwischen den riesigen Pötten förmlich ;-).

Im Allgemeinen sind die Segler, die wir auf den Stegen treffen, sehr freundlich und gesprächig. Fast alle warten hier in Camaret-sur-Mer auf das passende Wetter, um über die Biskaya zu segeln – nur wenige wollen weiter in die Bretagne oder an der Küste entlang nach Spanien, so wie wir das 2019 gemacht haben. Manche Segler haben ihr zu Hause komplett aufgegeben und leben ausschließlich an Bord, andere haben noch einen Stützpunkt in der alten Heimat und noch andere, so wie wir auch, segeln einige Monate und verbringen einige Monate zu Hause. Man tauscht sich aus über Routen, Wetter, Ziele und alle warten darauf, dass es bald weitergeht 😉 .

Camaret-sur-Mer

Wir nutzen die Zeit in Camaret-sur-Mer auch, um den Blog weiter zu schreiben, Brot zu backen und Essen für die Biskaya-Überquerung vorzukochen. Einen Eintopf unterwegs im Seegang aufzuwärmen, ist nicht wirklich schwierig, aber unterwegs zu kochen kann ich mir nicht vorstellen. So viele Hände habe ich gar nicht, um alles, was umfallen könnte, festzuhalten 😉 . Ist schon schwierig genug, Kaffee zu kochen 😉 .

Sonntag machen wir uns gegen 18.00 Uhr auf den Weg nach Avilés – oder irgend einen anderen spanischen Hafen, wenn der Kurs nach Avilés nicht passen sollte. Noch weht der Wind aus S, soll aber ab 20.00 Uhr auf NW drehen. Wir wollen heute schon starten, damit wir bis nach Spanien genügend Wind zum Segeln haben – Wetterwelt sagt ab Dienstag Nacht wieder weniger Wind voraus. So legen wir bei Regen und Wind aus S aus Camaret-sur-Mer ab und haben erst mal Probleme, das 2. Reff in’s Großsegel einzubinden. Das haben wir länger nicht gebraucht und irgendwie haben sich Reffleinen und Bändsel vom Lasy-Bag vertüddelt. Das dauert, bis wir alles klar haben, aber dann geht’s endlich auf Kurs. Zwei Stunden segeln wir hoch am Wind, bis der Wind pünktlich gegen 20.00 Uhr von jetzt auf gleich auf NW dreht und es aufhört zu regnen. Wir wenden und segeln auf gleichem Kurs nur jetzt auf Backbordbug weiter 😉 . Noch weht der Wind nur mit 12kn, aber das soll sich Montag Vormittag ändern – der Wind soll auf 20-25kn zunehmen.

Wir segeln bis 23.00 Uhr hoch am Wind, bis wir alle Untiefen an der Île de Seine in gebührendem Abstand passiert haben, dann können wir abfallen und auf Kurs Avilés gehen. Der Wind weht immer noch mit 12kn aus W, wir segeln einen angenehmen Am-Wind-Kurs.

Im Laufe des Montags nimmt der Wind auf die vorhergesagten 20-25kn zu, dreht auf NW und fällt achterlicher ein. Jetzt wird das Segeln langsam ungemütlicher, die Wellen werden höher und obwohl wir das Großsegel im 2. Reff segeln, wird unsere Ruby Tuesday immer wieder von den Wellen aus dem Kurs gedrückt. Eigentlich wissen wir ja, dass wir bei so hohen Wellen besser nur mit Genua segeln, wenn der Kurs viel achterlicher als ein Am-Wind-Kurs ist – das hatten wir ja schon auf dem Törn von Amsterdam nach Cherbourg 🙁 .

Das Großsegel lassen wir erst mal noch stehen und rauschen durch die zweite, immer noch schwarze, Nacht. Es ist kurz nach Neumond und die schmale Mondsichel ist nur kurz zu sehen. Aber der Sternenhimmel ist faszinierend – den großen Wagen und die Milchstraße kann man wunderbar erkennen 🙂 .

Mitten in der Nacht macht unser Autopilot Schwierigkeiten – er schaltet von Auto auf Standby und lässt unsere Ruby Tuesday in den Wind schießen, was damit endet, dass wir mit backgestelltem Vorsegel beiliegen. Das ganze bei 25kn Wind und knapp drei Metern Welle ist nicht wirklich ein Vergnügen 🙁 . Anfangs fällt der Autopilot ungefähr einmal stündlich aus, aber die Abstände verkürzen sich bis zum Morgen auf einen Komplettausfall 🙁 . Nicht jedes Mal liegen wir bei, wenn wir schnell genug reagieren, können wir unsere Ruby Tuesday auf Kurs halten, aber das gelingt je nach Welle nicht immer.

Ab 07.00 Uhr segeln wir dann selbst – vorbei die Wachwechsel nach vier Stunden. Jetzt wechseln wir stündlich, die Freiwache legt sich in den Salon, um ein bisschen zu schlafen. Ohne Autopilot können wir nicht mal zur Toilette gehen oder etwas zu essen oder zu trinken holen – wir können einfach nicht vom Steuerrad weg. Um das Steuern ein bisschen erträglicher zu machen, haben wir das Großsegel endlich geborgen 🙂 . Sofort kehrt Ruhe ein und die Anspannung lässt nach.

Elf Stunden wechseln wir uns mit dem Steuern ab, dann sind wir in Avilés. Der Hafenmeister ist schon am Steg, winkt uns in eine Box, nimmt die Leinen an und begrüßt uns freundlich. Fast auf den Tag vor einem Jahr haben wir uns von ihm verabschiedet und sind mit unserer Ruby Tuesday wegen der unklaren Corona-Lage nach Holland zurückgesegelt. Jetzt freuen wir uns um so mehr, dass wir unseren unterbrochenen Törn von hier fortsetzen können 🙂 . Durch die sich so rasant verbreitende Delta-Variante und die viel zu frühen und weitgehenden Rücknahmen der coronabedingten Einschränkungen ist die Corona-Lage jetzt allerdings auch nicht wirklich klarer 🙁 .

Zurück in Avilés

Die Überquerung der Biskaya begeistert uns diesmal nicht so sehr – das viel zu spät geborgene Großsegel und der ausgefallene Autopilot haben diesen Schlag doch ziemlich ungemütlich werden lassen 🙁 . Für gute Stimmung haben die Sonne und unzählige Delfine gesorgt, die uns immer wieder stundenlang begleitet haben. Verspielt sind sie um unser Boote geschwommen, darunter durchgetaucht, in der Bugwelle mitgeschwommen oder haben uns ihre Kunststücke vorgeführt 🙂 .

Jetzt sind wir erst mal in Avilés angekommen, morgen werden wir uns auf Fehlersuche begeben, warum der Autopilot seinen Dienst verweigert und dann … mal schauen.

 

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