Auf dem Weg nach Nordspanien

Montag, den 28.06.2021 – Sonntag, den 11.07.2021

Urk – Camaret-sur-Mer

Montag, den 28.06.2021
Urk – Schellingwouder Brücke in Amsterdam
NW 3-4 Bft – 32sm – 6h 58min –  Ø 4,6kn, gesamt: 32sm

Urk – Schellingwouder Brücke

Bei strahlendem Sonnenschein und mindestens 30°C packen wir die letzten Sachen in unsere Ruby Tuesday. Ingrid und Rolf haben uns nach Urk gefahren – wir essen noch leckere Kibbeling zusammen, dann nehmen sie unser Auto mit nach Hause und wir machen uns segelklar. Noch weht der Wind aus NW  🙂  – das wollen wir so lange wie möglich nutzen. Dennoch fällt uns die Entscheidung nach wie vor nicht leicht – Spanien oder Norwegen? Bis zum Ablegen checken wir zum letzten mal die Wettervorhersage für Norwegen – Wind aus Nord, solange die Vorhersage reicht 🙁 . Das funktioniert nicht gut, wenn wir nach Norden segeln sollten.

Also doch Richtung Süden, auch wenn die Langzeitwettervorhersage nicht wirklich gut ist. Wir sind für eine Non-Stopp-Fahrt nach Nordspanien eine Woche zu spät dran. In den vergangenen Tagen wehte der Wind sehr zuverlässig aus NW und E, jetzt bleiben uns noch zwei Tage gemütliches Segeln, dann ist der Wind erst mal ganz weg und dreht dann auf West – wenn die Wettervorhersage auch tatsächlich stimmt 😉 .

Um 17.30 Uhr machen wir unsere Leinen in Urk los und machen uns auf den Weg nach Süden. Weit kommen wir erst mal nicht – unser Heading stimmt überhaupt nicht. Wir drehen ein paar Kreise hinter der Hafenausfahrt von Urk, aber das hilft nicht. Mir fällt ein, dass ich zwei Dosen Antifouling, einen Quirler aus Eisen für das Antifouling und diverse Konservendosen in der Nähe des Headingsensors in der Bilge verstaut habe – gaaaanz schlecht 🙁 .

Schade aber auch, es passte alles so gut 😉 . Ich verstaue alle metallhaltigen Gegenstände weit weg vom Headingsensor und siehe da – er zeigt an, was er anzeigen soll 🙂 .

Wir setzen die Segel und segeln bei 4 Bft aus NW der Schleuse von Lelystad entgegen. Das Schleusen geht relativ schnell, nach einer halben Stunde sind wir wieder unterwegs Richtung Amsterdam. Wir wollen direkt bis Ijmuiden durchfahren und weiter auf die Nordsee, damit wir möglichst viel vom N und NW Wind mitbekommen.

Sonnenuntergang am Markermeer

Unsere Rauschefahrt wird an der Schellingwouder Brücke um 0.30 Uhr jäh gestoppt – die öffnet zwischen 22.00 Uhr und 09.00 Uhr nachts nicht mehr. Das steht weder im Almanach, noch auf dem Hinweisschild an der Brücke. Danach öffnet sie rund um die Uhr mit zwei Unterbrechungen zur Hauptverkehrszeit. Dumm gelaufen – doppelt rote Lichtzeichen heißen auf Dauer gesperrt. Ich funke die Oranje-Schleuse hinter der Brücke an und erfahre, dass die nächste Öffnung erst um 09.00 Uhr ist. So ein Mist … da gehen uns von dem Nordwind glatt 8 Stunden verloren, weil wir an der Brücke festhängen. Hilft alles nichts – wir legen uns hin und schlafen, statt durch die Nacht durch den Noordzeekanaal zu motoren.

Dienstag, den 29.06.2021 – Donnerstag, den 01.07.2021
Schellingwouder Brücke – Cherbourg
N-NW 5-6 Bft, später W-SW 1-5 Bft – 341sm – 61h 55min – Ø 5,5kn – gesamt: 373sm

Schellingwouder Brücke – Cherbourg

Pünktlich um 09.00 wird die Brücke geöffnet und wir können direkt in die Schleusenkammer weiterfahren. Auch das Schleusen geht schnell und um kurz nach 09.00 Uhr liegt nur nur noch eine Schleuse zwischen uns und dem Rest der Welt 😉 .

Auf dem Noordzeekanaal ist wie immer viel Betrieb – Hausboote und Fundamente für Windräder werden transportiert und die Containerschiffe sind auch nicht gerade klein 😉 .

Um 12.00 Uhr verlassen wir die Seeschleuse in Ijmuiden, kurz danach sind wir auf der Nordsee unterwegs Richtung Englischer Kanal 🙂 .

Wir setzen Großsegel und Genua und ab geht die Post – die Strömung läuft mit uns und auch 5-6 Bft aus N-NNW bescheren uns eine schnelle Fahrt. Allerdings sind die Wellen doch ganz schön ruppig – liegt wohl an dem langen Anlaufweg 😉 . Bei raumem Wind sind wir eigentlich lieber nur mit der Genua unterwegs, wenn das Groß auch steht, drückt der Wind unsere Ruby Tuesday immer sehr aus dem Kurs. Aber wir wollen ja schnell sein – komme, was da wolle. Also müssen wir wohl durch diesen ungeliebten Schlingerkurs durch 😉 .

Wir passieren die Maasmündung, ohne dass uns eines der großen Containerschiffe in die Quere kommt – wir sind alleine auf dem Wasser 🙂 . Dann rauschen wir die Schelde entlang, vorbei an Zeebrügge und dem riesigen Windräderfeld vor Zeebrügge. Überall blinkt es rot, wir können kaum die Tonnen erkennen.

Weil der Wind immer achterlicher einfällt, haben wir das Großsegel geborgen und segeln jetzt wesentlich ruhiger nur noch mit der Genua. Morgens um 07.00 Uhr liegt Dunkerque querab, um 11.00 Uhr haben wir Calais längst passiert und das Cap Gris-Nez liegt querab. Das war´s dann aber auch mit der Rauschefahrt von manchmal mehr als 9kn über Grund 🙂 .

Der Wind nimmt ab und dreht über W auf SW. Bis Cherbourg sind es noch ca 90 sm – wir wechseln ab mit Motoren und Segeln. Segeln, wenn der Wind und die Strömung es zulassen, motoren, wenn sich der Wind mal wieder ganz verabschiedet, oder wenn die Strömung zu stark gegenan und der Wind zu wenig ist 🙁 .

Sonnenaufgang bei spiegelglatter See

Auch nach vielen Jahren Segelerfahrung und einigen Seemeilen, die wir im Kielwasser gelassen haben, versuchen wir trotzdem gegen die Strömung zu kreuzen und scheitern mal wieder kläglich 😉 – ist ja nicht das erste mal 😉 . Eigentlich sollten wir es ja besser wissen, aber ein Versuch muss sein. Den geben wir dann schnell auf, als wir auf dem Plotter sehen, dass wir wohl schnell segeln, aber der Wind und die Strömung uns rückwärts versetzen. Die letzten Stunden können wir wieder gut segeln, dann machen wir um 23.00 Uhr in Cherbourg im Hafen fest.

Die Gästesteiger sind nicht überfüllt, eher leer. Wir finden problemlos eine Box. Das war in Cherbourg nicht immer so 😉 . Es sind keine Engländer im Hafen und auch nur noch zwei andere deutsche Boote. Liegt wohl am Brexit und an Corona 🙁 .

In Cherbourg legen wir eigentlich nur an, weil wir uns für unsere weitere Reise eine französische Internet-Sim-Karte von Free Mobile kaufen wollen. Die gibt´s leider nicht in jedem Ort. Kaufen kann man die Sim-Karte am Automaten im Zeitschriftenladen und dann kann man sie über´s Internet monatlich verlängern. Die Karte hat ein monatliches Datenvolumen von 150 GB in Frankreich und 25 GB im Ausland. Ideal für uns – wir müssen uns in Spanien nicht mehr um Mobile Daten kümmern und mit 19,99 € im Monat ist die Karte auch recht günstig 🙂 .

Seit wir am Montag Abend in Urk los gesegelt sind, ist das Wetter ziemlich durchwachsen – nicht kalt, aber bedeckt. Die Sonne lässt sich nur selten mal sehen. Auf dem Weg nach Cherbourg haben wir über Stunden dicken Nebel, aber morgens scheint in Cherbourg dann doch so richtig die Sonne 🙂 .

Cherbourg am Hafen

Kunst!?

Ich mache einen kurzen Rundgang durch den doch ziemlich großen Hafen und durch die Altstadt von Cherbourg, dann bin ich mit der Sim-Karte von Free Mobile wieder zurück an Bord – ohne Internet geht irgendwie gar nichts mehr 😉 .

In der Altstadt von Cherbourg

Schattenspiele

In aller Ruhe machen wir auf unserer Ruby Tuesday klar Schiff und sind nachmittags schon wieder segelklar – den eh schon schlechten Wind müssen wir nutzen, wenn er nicht ganz so schlecht ist 😉 . Heute wird es noch einigermaßen durch die Kanal-Inseln nach Roscoff gehen, morgen ist viel Wind gegenan und viel Regen. Davon bekommen wir vermutlich auch noch etwas mit, denn vor morgen Abend sind wir nicht in Roscoff 😉 .

Freitag, den 02.07.2021 – Samstag, den 03.07.2021
Cherbourg – Roscoff
NE-E-SE-S-SW-W 2-5 Bft – 130sm – 27h 31min – Ø 4,7kn – gesamt: 503sm

Cherbourg – Roscoff

Weiter geht´s nach Roscoff! Schien morgens noch die Sonne, so haben wir seit mittags wieder dicken Nebel. Trotzdem legen wir um 15.30 Uhr ab – mit Radar, AIS und gutem Ausguck sollte das kein Problem sein. Bei wenig Wind und Strom gegenan motoren wir bis fast zum Cap De La Hague. Wir wollen pünktlich zum mitlaufenden Wasser am Race of Alderney sein. Alderney liegt voraus, aber sehen können wir wegen des Nebels nichts von dieser schönen Insel. Und wegen Corona und Brexit und den damit verbundenen schwierigen Einreisebedingungen können bzw. wollen wir dort auch nicht ankern oder im Hafen von Alderney an eine Mooring gehen.

So lassen wir Alderney rechts liegen und segeln – inzwischen weht endlich genug Wind zum Segeln – in das Race of Alderney. Das zeigt sich heute ganz harmlos – die Strömung läuft jetzt mit, der Wind kommt auch aus der richtigen Richtung 🙂 . Mit knapp 5kn Fahrt schleichen wir eher durch das Race 😉 .

Alderney im Dunst, nachdem sich der Nebel verzogen hat

Erst etwas südlich von Guernsey nimmt der Wind zu und dreht im Laufe der Nacht von NE auf SE, S, SW und dann auf W. An unserem Track kann man die Winddrehung gut sehen, wir haben den Autopiloten auf Windsteuerung gestellt und er fährt automatisch die Winddrehungen mit. Erst den letzten Zacken in unserem Track haben wir durch eine Wende gefahren. Geregnet hat es zum Glück nur einmal kurz, die Sonne haben wir aber auch nur kurz gesehen. Ansonsten war es ein eher grauer Tag 🙁 .

Gegen 18.30 Uhr laufen wir in Roscoff ein, empfangen vom Hafenmeister im Dinghi. Der begleitet uns noch zum Liegeplatz, dann ist auch die zweite Etappe auf dem Weg nach Spanien erst mal beendet.

Ruby Tuesday in Roscoff

Marina Roscoff

Ein bisschen mühsam ist das Vorankommen schon, wenn der Wind aus West oder Südwest weht oder eben nur sehr schwach ist. Ganz anders war im letzten Jahr unsere Rückreise von Avilés, als wir Non-Stopp bei bestem Wetter und optimalem Wind bis nach Amsterdam gesegelt sind. Nun ja, erzwingen können wir eh nichts, also üben wir uns in Geduld und segeln kleinere Etappen.

In Roscoff werden wir ein paar Tage bleiben – ein dickes Sturmtief nähert sich von der Biskaya und wird ab Montag Abend bis Dienstag Vormittag über die Bretagne hinwegziehen. Lieber wären wir bis L’Aber Wrac’h gesegelt und hätte dort das Sturmtief in Paluden ganz am Ende des Abers abgewettert, aber dafür waren wir nicht schnell genug – und im Dunklen wollten wir in die Einfahrt nach L’Aber Wrac’h nicht einlaufen.

Sonntag, den 04.07.2021 – Dienstag, den 06.07.2021
Roscoff

2019 haben wir auf unserem Sommertörn in die Bretagne und nach Spanien in Roscoff eine gute Woche gelegen – wir haben auf Ersatzteile für unsere Ruby Tuesday gewartet. Damals haben wir uns alle Sehenswürdigkeiten in Roscoff und Umgebung angesehen, sind gewandert und waren auf der Île de Batz. Das Wetter war sommerlich warm und sonnig 🙂 .

Sonnenschein in Roscoff am Sonntag Morgen

Jetzt haben wir eher Herbstwetter – 15°C, bis auf Sonntag morgen bedeckt und jetzt regnet es 🙁  – soll wohl typisches Wetter für die Bretagne sein 😉  – vor zwei Jahren haben wir es ganz anders erlebt – sonnig und schön warm 🙂 . Dennoch machen wir Sonntag Mittag einen langen Spaziergang durch die Gassen von Roscoff.

Es ist wirklich ein schönes Städtchen mit vielen alten Häusern aus grauem Backstein und vor allem mit vielen Blumen. Die Stockrosen und Hortensien sind einfach wunderschön 🙂 .

Liegt es am Sonntag oder am doch noch ganz schönen Wetter – die Straßen und Cafés in der Altstadt sind gut gefüllt. Wir haben da nach der langen Zeit der Zurückhaltung, andere Menschen zu treffen, doch noch so unsere Schwierigkeiten mit den vielen Menschen. Wir weichen aus, da wo es geht und suchen uns dann ruhiger Straßen für unseren Rundgang. Ich glaube, an das Zusammentreffen mit vielen fremden Menschen müssen wir uns erst noch gewöhnen. Und zumindest der Mund-Nasen-Schutz, der hier nur noch in geschlossenen Räumen getragen werden muss, aber ja auch draußen getragen werden darf 😉 , gibt uns ein bisschen Sicherheit zurück. Vollständig geimpft hin oder her – die Unsicherheit sitzt einfach bei uns noch tief. Sind wir an Bord, ankern, segeln oder sind in der Natur unterwegs, ist die Welt in Ordnung und wir fühlen uns sicher 🙂 .

Viel Leben in den Cafés in Roscoff

Den Montag verbringen wir an Bord – langes Frühstück, relaxen, lesen und warten auf den Sturm. Unsere Ruby Tuesday haben wir sturmfest gemacht, die mobile Solarpanele ist wieder unter Deck, das Dinghi achtern auf dem Boot gut festgebunden, genügend dicke Fender ausgebracht und vor allem auch genügend Tampen. Vielleicht kommt es ja auch nicht so dicke, wie Wetterwelt und Windy es vorhersagen. Morgen wissen wir mehr. Bis zum späten Nachmittag weht auf jeden Fall nur ein laues Lüftchen – vermutlich die Ruhe vor dem Sturm 😉 . Erst ab 17.00 Uhr nimmt der Wind etwas zu und pustet durch die Masten im Hafen – das Pfeifen wird auch schon noch kommen 😉 .

Gegen 20.00 Uhr wird aus dem Pusten dann doch so langsam ein Pfeifen, nach Mitternacht tobt sich der Sturm so richtig aus. Manchmal fegt der Sturm mit mehr als 40kn durch den Hafen. Ein ziemliches Spekatel machen die Fallen, Flaggenleinen und was sonst noch so Geräusche machen kann.

Gegen Morgen wird es langsam ruhiger – so ruhig, dass ich auch meine allmorgendliche Walking-Runde drehen kann, ohne weggeweht zu werden  😉 .

Unsere Ruby Tuesday hat das alles gut überstanden, obwohl wir leicht auflandig auf den Steg lagen. Wir hatten achtern noch einen Tampen am Nachbarboot Baloo belegt, so dass auch das Heck vom Steg weghalten wurde. Der Wind hat sich wieder beruhigt, wenn jetzt auch noch die Wellen wieder etwas abnehmen, könnten wir eigentlich weitersegeln – abgesehen davon, dass der Wind in den nächsten Tagen ununterbrochen aus W oder SW weht  🙁 .

Ist auf jeden Fall im Moment kein Zuckerschlecken, um die nordwestliche Ecke der Bretagne zu segeln. Aber wenn wir weiter nach Spanien wollen, müssen wir irgendwie darum  😉 . Die Wettervorhersage für den Schlag über die Biskaya sieht eigentlich gar nicht ganz so schlecht aus – allerdings weht der Wind Mittwoch erst noch aus WSW, dreht ein bisschen auf W und verabschiedet sich Donnerstag Nacht bis Freitag fast ganz, um dann schwach aus S wieder zurückzukommen. Nicht wirklich gut für ein Segelboot  😉 , aber es könnte klappen – einige Stunden motoren am Freitag einkalkuliert. Ab Sonntag Abend dreht der Wind auf NW und weht beständig die nächsten Tage mit ca. 15kn aus dieser Richtung – verspricht angenehmes Segeln nach Spanien  🙂 . Aber bis Sonntag ist’s noch lang und ob der Wind dann wirklich wie vorhergesagt weht, muss sich erst noch zeigen.

Wir legen also am Dienstag Nachmittag ab und peilen erst mal die Île d’Ouessant an – wenn schon nicht über die Biskaya, dann doch endlich zu diesem kargen und windumtosten Außenposten im Nordwesten der Bretagne  🙂 . Zwei mal sind wir daran vorbei gesegelt, ohne uns die Zeit zu nehmen, auch mal einen Stopp dort einzulegen – 2019 auf dem Weg durch die Bretagne waren wir froh, den passenden Wind und die richtige Zeit für die Passage durch den Chenal du Four mit seiner starken Strömung und den Overfalls am südlichen Ende erwischt zu haben, dass wir einen Abstecher zur Île d’Ouessant gar nicht wirklich in Erwägung gezogen haben. Und 2020, als wir mit unserer Ruby Tuesday aus Avilés zurückgesegelt sind, haben wir die Île d’Ouessant an der westlichen Seite bei viel Wind und Welle passiert – auch da kam nicht wirklich der Wunsch auf, dort mal vorbeizuschauen  😉 .

Aber jetzt könnten wir den Versuch ja doch mal starten – so langsam kommen wir aus dem Anreisemodus in den Urlaubsmodus und freuen uns darauf, mal wieder etwas Neues zu entdecken  🙂 . Und eigentlich ist es ja auch egal, ob und wann wir in Spanien ankommen – die derzeitige Corona-Entwicklung in den Urlaubsländern lässt uns sowieso immer mal wieder an unseren Plänen zweifeln. Nachdem Portugal jetzt nicht mehr Virusvarianten-Gebiet ist, da inzwischen die Delta-Variante überall stark vertreten ist, sollte es zumindest mit der Rückreise nach Deutschland keine größeren Probleme geben. Mal schauen, wie sich das alles noch so entwickelt.

Dienstag, den 06.07.2021 – Mittwoch, den 07.07.2021
Roscoff – Île d’Ouessant
WNW-W-SW 3-5 Bft – 91sm –  18h 20min – Ø 5,0kn – gesamt: 594sm

Roscoff – Île d’Ouessant

Im Vorhafen setzen wir das Großsegel – vorsichtshalber im 1. Reff, kurz nachdem wir den Vorhafen verlassen haben auch die Genua. Wir haben tatsächlich Wind aus WNW – wenn das so bliebe, könnten wir ja super Richtung Île d’Ouessant segeln  🙂 . Diesmal nehmen wir nicht den Weg zwischen Festland und Île de Batz – da müssten wir motoren – sondern segeln östlich an der Île de Batz vorbei. Leider dreht der Wind immer mehr auf W, je nördlicher wir kommen – schade aber auch  🙁 . Wir machen einen ziemlich langen Schlag nach NW um dann mit der ablaufenden Strömung zu wenden und nach Westen weiter zu segeln. Das alles dauert doch ganz schön lange – geschickter wäre es wohl doch gewesen, zwischen Festland und Île de Batz zu motoren und erst westlich der Île de Batz die Segel zu setzen.

Die Strömung schiebt uns jetzt gut nach Westen, aber wie das mit den Gezeiten so ist, ist der Spaß nach einigen Stunden auch wieder vorbei. Die Wendewinkel beim Kreuzen mit Strömung gegenan sind mehr als grottig schlecht  🙁 . Die Wellen bzw. die Dünung sind auch noch ziemlich hoch, so dass das mal wieder kein Schmusekurs ist – was folgt ist eigentlich eine langer Törn durch die schwarze Nacht – wir haben Neumond – gegen den Wind und zumindest zeitweise auch gegen den Strom. So richtig was zum Abgewöhnen – Spaß macht es uns nicht wirklich. Immer mal wieder fällt mir der Ausspruch von unserem Segelfreund Bert Frisch von der SY Heimkehr ein: „Der geduldige Segler hat immer den richtigen Wind“. Da muss ich noch dran arbeiten – die Geduld kommt mir dann doch irgendwie abhanden  😉 . Wie unterschiedlich das Segeln bei den verschiedenen Windverhältnissen ist – bei schönem raumen Wind schlägt die Begeisterung Purzelbaum, bei Wind, Welle und Strömung gegenan sinkt die Stimmung ganz schön  🙁 .

Fast vergessen ist die schlechte Stimmung, als wir endlich dann die Île d’Ouessant im Dunst auftauchen sehen – ein letzter Kreuzschlag und wir laufen in den östlichen Naturhafen Le Stiff ein  🙂 . Angekommen!

Île d’Ouessant

Mole für die Fähren

Eine Marina gibt’s hier nicht, nur eine Mole, an der die Fähren festmachen können. Segler können hier ankern oder an einer der 4 Visitor-Moorings festmachen. Wir haben noch die freie Auswahl – ein paar Stunden später kommen noch zwei Segelboote in die Bucht. Mit so viel Betrieb haben wir hier dann aber doch nicht gerechnet  😉 .

Le Stiff

Le Stiff

Mittwoch, den 07.07.2021 – Samstag, den 10.07.2021
Île d’Ouessant

Groß ist die Île d’Ouessant nicht, nur 7km lang und 4km breit und auch nur 60m hoch. Sie hat die Form eines Krebses, auf vielen Wanderwegen kann man die Insel gut zu Fuß erkunden – genau das richtige für uns  😉  .

Alte Mole am Palge d’Arlan

Das leicht hügelige Gras- und Heideland ist mit flachen Steinmauern in Hunderte kleine Parzellen unterteilt auf denen Schafe und Pferde weiden. Schafe gibt es auf der Île d’Ouessant ebenso viele wie Menschen – ca. 800.

Île d’Ouessant

Die Küste ist zum großen Teil sehr schroff und felsig, es gibt aber auch einige schöne Sandstrände.

Im Hafen Le Stiff herrscht reges Treiben – immer dann wenn die Fähren vom Festland kommen 😉 .

Die eine fährt, die andere kommt

Die Fähren sind voller Touristen, die für einen oder mehrere Tage die Île d’Ouessant besuchen und wenn die Fähren zurück nach Brest oder Camaret-sur-Mer fahren, sind sie auch wieder voll. Auch damit haben wir so nicht gerechnet – in unserer Vorstellung ist die Île d’Ouessant nicht gerade das Urlaubsparadies 😉 . Mit den Fähren kommen auch immer einige Busse aus dem Hauptort Lampaul, um die Touristen hin und her zu fahren. Haben die Fähren abgelegt, sind die Busse auf dem Weg nach Lampaul und die restlichen Touristen mit den Fahrrädern, die man auch hier am Hafen mieten kann, unterwegs, kehrt wieder Ruhe ein  🙂 .

Die Bucht von Le Stiff ist schon beeindruckend und man kann sich gut vorstellen, wie es hier zugeht, wenn Stürme über die Insel brausen. Die Hafenmole ist gewaltig, einige Felsen sind mit dicken Gummireifen bestückt. Eingefasst wird Le Stiff von hohen Felsklippen – wirklich schön hier 🙂 .

Le Stiff

Drei sehr entspannte Tage verbringen wir auf der Île d’Ouessant, was sicherlich auch daran liegt, dass es nicht sehr windig ist 😉 . Vielleicht liegt es an den moderaten Windverhältnissen, es kommen jeden Abend noch einige Segler in die Bucht.

Peter’s Geburtstag und unseren Hochzeitstag feiern wir auf der Île d’Ouesant

Wir wandern an der Südküste entlang nach Lampaul und bewundern immer wieder die schönen Backsteinhäuser mit den üppigen Hortensien in allen Farben in den Gärten. Die Gärten sind mit Backsteinmauern eingefasst – zum Schutz der Blumen gegen den fast immer wehenden Wind. Auch die Mauern sind häufig bewachsen – Kletterrosen, Kissennelken in lila oder pink. Bäume gibt es kaum auf der Île d’Ouessan, dafür ist es wohl doch meistens zu stürmisch hier.

 

Von Lampaul aus machen wir eine Inselrundfahrt in einem Minibus, der nur halb besetzt ist – Maskenpflicht im Bus ist selbstverständlich und wird auch von allen eingehalten. Der Busfahrer erzählt ohne Unterbrechung von den Besonderheiten der Insel, macht auf Gesteinsformationen an den Küsten aufmerksam und erklärt alles Wissenswerte über die Leuchttürme auf der Île d’Ouessant – alles in Französisch, dumm nur, dass wir beide kein Französisch verstehen 🙁 . Trotzdem ist die Inselrundfahrt sehr interessant und wir kommen so zu den großen Leuchttürmen auf und an der Insel. Es gibt so faszinierende Bilder von den Leuchttürmen der Île d’Ouessant im Internet – die Bilder bei Sturm sind sehr beeindruckend – da gucken wir uns die Leuchttürme gerne mal live an 😉 .

Phare du Stiff

Insbesondere den Phare de la Jument möchten wir gerne sehen. Von diesem Leuchtturm gibt es eine Bilderfolge im Sturm. Auf dem ersten Bild steht der Leuchtturmwärter vor der Tür und winkt einem im Hubschrauber fliegenden Fotografen, von hinten nähert sich eine gigantische Welle. Auf dem zweiten Bild ist der Leuchtturmwärter hinter der verschlossenen Tür verschwunden, die Welle bricht sich vor dem Leuchtturm und auf dem dritten Bild schlägt die Welle über dem Leuchtturm zusammen – Glück für den Leuchtturmwärter, dass er nicht ein paar Sekunden später hinter der Türe verschwunden ist. Bei dem ruhigen Wetter heute, können wir uns diese Gewalten kaum vorstellen. Später treffen wir in Lampaul einen jungen Franzosen, der einige Jahre in Deutschland gelebt hat. Er erzählt uns, dass der Leuchtturmwärter mit seiner nun 88-jährigen Oma in die Schule gegangen ist.

Phare de la Jument

Phare de la Jument

Wir kommen mit diesem jungen Franzosen in’s Gespräch und erfahren noch so einiges Interessantes über die Île d’Ouessant. Er erzählt, dass die vielen Brunnen, die wir auf unseren Wanderungen auf der Insel gesehen haben, nicht mehr genutzt werden können, da das Grundwasser mit Nitrat verunreinigt ist. Deshalb sind die Brunnen, die mit Backsteinen ummauert und überdeckt sind, wohl auch verschlossen.

Wir fragen ihn nach den großen Becken, die wir an verschiedenen Stellen auf der Insel entdeckt haben. Dies sind die Vorgänger unserer heutigen Waschsalons 😉 – Waschstellen, an denen die Frauen ihre Wäsche auf Waschbrettern gewaschen haben, bevor die Waschmaschinen auf die Insel kamen und an denen sie vor allem auch die sozialen Kontakte pflegen konnten.

Waschstelle am Hafen von Lampaul

Waschstelle und Brunnen von Stiff

Der Phare de Nividic liegt vor der Halbinsel Pern in so flachem Wasser, dass es nicht möglich ist, mit einem Boot dort anzulanden. Deshalb wurde für den Leuchtturmwärter eine Seilbahn vom Festland zum Leuchtturm gebaut. Durch das salzige Wasser und die salzhaltige Luft sind die Drähte aber schon nach einigen Jahren verrostet, so dass die Seilbahn nicht mehr fahren konnte. Es wurde dann eine Hubschrauberlandeplattform auf dem Leuchtturm gebaut. Heute stehen immer noch die Träger der Seilbahn – haben den unwirtlichen Wetterbedingungen wohl besser standgehalten, als die Drähte.

Phare de Nividic mit Stüzten der Seilbahn

 

Auf unserer Inselrundfahrt kommen wir auch an dem Phare du Créac’h vorbei. 54 Meter hoch in weiß-schwarz gestreift ist er Europas kräftigster Leuchtturm – zwei weiße Blitze alle 20 Sekunden sind bis zu 32sm weit zu sehen. Die imaginäre Linie zwischen Point Lizzard in England und dem Phare du Créac’h trennt den Englischen Kanal vom Atlantik.

Museum am Phare du Créac’h – der Leuchtturm war hinter einem Gerüst nicht zu sehen

Auf unserer Wanderung an der Nordküste machen wir am Phare du Stiff halt und steigen auf den Leuchtturm – eine grandiose Aussicht über die Île d’Ouessant bis hin zur französischen Küste 🙂 .

Phare du Stiff

Phare du Stiff

Die nördliche Küste ist schroff und stark zerklüftet und beeindruckt immer wieder mit den Felsformationen.

Nicht nur die Leuchttürme sorgen für sichere Fahrt durch die Gewässer rund um die Île d’Ouessamnt, auch vom Radarturm in der Nähe des Hafens Le Stiff wird die Großschiffahrt überwacht. Wer sich nicht an das Verkehrstrennungsgebiet, das westlich an der Île d’Ouessamnt vorbeiführt, hält, wird schnell wieder auf die richtige Spur gebracht.

Radarturm am Hafen von Le Stiff

Diesmal haben wir mehr Zeit in Lampaul. Wir besuchen die Kirche Église Saint Pol Aurélian, deren Kirchturm starke Ähnlichkeit mit dem Kirchturm in Roscoff aufweist 😉 . Der Kirchturm ist ein Geschenk von Queen Victoria als Dank für den Einsatz der Bewohner der Île d’Ouessant bei der Rettung einiger Passagiere und der Bergung der Drummon Castle, die 1896 auf die Klippen vor der Insel gelaufen ist und dann sank.

Auf dem Friedhof der Kirche, der so ganz anders aussieht, als unsere Friedhöfe, steht ein kleines Mausoleum, in dem bis 1962 die sogenannten Proëlla-Kreuze bestattet wurden. Das war ein Inselritus, bei dem der auf See Verschollene symbolisch in Form eines Kreuzes aus Kerzenwachs beigesetzt wurde. Vor der Beisetzung wurde an dem Wachskreuz um die Rückkehr der Seele des Ertrunkenen an Land gebetet. Proëlla heißt so viel wie „Rückkehr an Land“. Immer wieder faszinierend, welche Bestattungsriten es so gibt.

Die Île d’Ouessant war ein sehr lohnenswerter Abstecher für uns 🙂 . Nette, hilfsbereite Franzosen, Touristen, die sich über die Insel verteilen und die Kombination aus Backsteinhäusern mit tollen blühenden Gärten machen den Reiz der Insel aus.  Wir hätten nicht gedacht, dass die Insel eben nicht nur karg, felsig und sturmumweht ist, sondern dass sie so einen gemütlichen Flair ausstrahlt.

Am Fischerhafen von Lampaul

Fischerhafen bei Niedrigwasser

Trotzdem geht´s morgen weiter – wir machen noch einen Stopp in Camaret-sur-Mer, bevor wir dann vielleicht Sonntag Abend oder Montag Morgen nach Spanien aufbrechen 🙂 .

Samstag, den 10.07.2021
Île d’Ouessant – Camaret-sur-Mer
SW-S 1-3 Bft – 24sm – 5h 39min –  Ø 4,3kn – gesamt: 618sm

Île d’Ouessant – Camarer-sur-Mer

Um 06.00 Uhr geht der Wecker, gefrühstückt wird unterwegs – wir müssen die passende Tide mitbekommen, damit uns am Point de St. Matthieu die Strömung nicht entgegen kommt. An dieser Engstelle strömt es kräftig und besser, man fährt mit der Strömung dadurch, als gegenan 😉 .

Wir segeln gemütlich durch den Chenal de la Helle – Wind ist nicht so viel, aber es reicht zum Segeln 🙂 , müssen aber dann doch noch ein Stündchen motoren, als wir in den Chenal du Four einmünden. Da kommt uns der wenige Wind dann entgegen und kreuzen geht hier nicht, dafür ist das Fahrwasser zu eng. Noch vor Stillwasser sind wir am Point de St. Matthieu und werden mit 3kn mitlaufendem Strom durch die Engstelle gezogen – passt gut 🙂 .

Point de St. Matthieu

Die letzten Seemeilen nach Camaret-sur-Mer können wir noch segeln, dann ist unser kurzer Schlag auch schon wieder vorbei. Eigentlich haben wir mit einem vollen Hafen gerechnet, aber es sind um diese frühe Uhrzeit noch nicht viele Schiffe im Hafen – das ändert sich aber dann doch im Laufe des Nachmittags.

Wir legen uns für eine Nacht außen an den Steiger – wir brauchen nur mal Strom, um die Batterien wieder richtig voll zu laden und Wasser wollen wir auch tanken, bevor es dann weiter nach Spanien geht  🙂 .

 

 

 

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