Glück im Unglück

Montag, den 28.05.2018 – Donnerstag, den 31.05.2018

Montag, den 28.05.2018

Knightstown – Fionan´s Boatyard

Wir telefonieren schon früh mit Fionan von der Werft. Er schickt einen Mitarbeiter vorbei, der sich den Saildrive anschaut, aber natürlich auch nicht hellsehen kann 😉 . Er meint, gegen 16:00 Uhr können wir kurz vor Hochwasser mit dem Travellift aus dem Wasser gehoben werden. Wenn wir losfahren sollen, meldet er sich telefonisch. Soweit – so gut – und was machen wir jetzt mit dem angefangenen Tag? Segeln geht ja nicht, Autos oder Fahrräder kann man auf Valentia Island nicht leihen, also laufen wir noch ein bisschen durch Knightstown.

Es gibt hier ein richtig schönes Cafe´ mit rot gestrichenen Fenstern und blauen Cafe´haustischen und -stühlen. Leider geschlossen, erst am Samstag öffnet es wieder 🙁 . Hier ist echt noch keine Saison, obwohl der Ort schon richtig schön gemacht ist. Alles was streichbar ist, wurde aufgehübscht. Fehlen nur noch die Gäste 😉 .

Leider geschlossen – sieht doch sehr einladend aus

Ein Stückchen weiter entlang der Hauptstraße ist das Heritage Center mit Infos über die Insel, über die Skelligs und auch über die Verlegung des ersten Transatlantikkabels von Valentia nach Neufundland. Eigentlich hat das Heritage Center jeden Tag geöffnet – auch montags. Nur leider heute nicht, da einige Dinge für die Saison noch auf Vordermann gebracht werden müssen 🙁 .

Heritage Center in Kinghtstown

Ein bisschen schlendern wir noch über die Hügel, dann machen wir es uns im Cockpit auf unserer Ruby Tuesday gemütlich.

Kirche in Knightstown

Lightroom macht´s möglich – Baum in Knightstown

Es dauert nicht lange, dann steht Jerry am Steg, diesmal ohne Dave, dafür mit Fahrrad. Er hat ein „temporary present“ für Peter – eine akustische Gitarre, damit ihm die Zeit nicht so lang wird, bis wir weitersegeln können 🙂 . Die beiden machen ein bisschen Musik im Cockpit, dann müssen wir auch schon los zur Werft.

Die Werft liegt auf der Südseite von Valentia Island. Eine halbe Stunde brauchen wir, dann sind wir am Slipway und sehen auch schon den Travellift.

Fionan´s Boatyard in Sicht

Wir haben Glück, die Strömung schiebt uns nach Westen, der Wind nach Osten, so dass wir ohne Abdrift auf den Travellift zuhalten können.

Der Travellift ist schon im Wasser – jetzt muss ich nur noch die Lücke treffen

Es ist trotzdem kein gutes Gefühl, in immer flacher werdendes Wasser zu fahren und zwar so schnell, das unsere Ruby Tuesday auch noch manövrierfähig bleibt. Als das Lot nur noch 2 Meter anzeigt und wir immer noch nicht ganz im Travellift sind, bekomme ich Schweißausbrüche. 1,90 Tiefgang haben wir – da ist nicht mehr viel Platz 🙁 . Irgendwie passt es dann doch, ohne dass wir am Slipway entlang kratzen. Spannend wird es noch mal, als unsere Ruby Tuesday aus dem Wasser gehoben und auf den Stellplatz gefahren wird – wir sind ja immer noch an Bord und es wackelt doch ganz schön 😉 .

So sieht der Trevallift aus, wenn er nicht im Wasser ist

Das ist unsere Heimat für die nächsten Tage

Sobald unsere Ruby Tuesday richtig steht, schrauben wir schon mal den Propeller ab und bereiten alles vor, damit morgen der Mechaniker klären kann, warum wir Wasser im Saildrive haben. Jetzt ist auf der Werft erst mal Feierabend.

Dienstag, den 29.05.2018

Um Punkt 08:00 Uhr geht´s los. Um 08:30 Uhr wissen wir, dass die Simmeringe undicht sind, die Welle aber keinen Schaden genommen hat. Was für ein Glück, dass es nur die Simmeringe sind – eine defekte Welle zu reparieren oder zu ersetzen hätte alle unsere Pläne für diesen Törn über den Haufen geworfen. Ersatz ist schon bestellt – neue Simmeringe kommen per Expresslieferung aus Belgien und sollen am Donnerstag hier sein. Wenn alles klappt, wollen uns die Mitarbeiter der Werft am Donnerstag Abend mit dem Hochwasser wieder in´s Wasser heben 🙂 .

Graues Öl-Wassergemisch aus dem Saildrive

Undichte Simmeringe

Welle ohne Schaden

Und was machen wir am Mittwoch – wir haben ja jetzt einen komplett freien Tag und Valentia Island kennen wir doch schon ganz gut 😉 . Wir versuchen in Cahersiveen einen Leihwagen zu bekommen – Fehlanzeige. Die nächste Möglichkeit wäre der Flughafen in Kerry, ca 90 km entfernt. Eine praktikable Busverbindung dahin gibt es nicht – Fähre, 6 km laufen, Bus nur zwei mal täglich, umsteigen und zweieinhalb Stunden später am Flugplatz. Nicht mitgerechnet der Marsch zur Fähre, ca 4 km und der Marsch von der Fähre zur Bushaltestelle 😉 . Wir könnten auch mit dem Taxi von hier bis zum Flughafen fahren, aber das ist für diese Strecke auch nicht gerade ein Schnäppchen 😉 . Also bleiben wir wohl an Bord oder gehen ein bisschen wandern 🙂 .

Für heute Mittag haben wir uns mit Bernhard, einem Franzosen, der seit 6 Monaten auf Valentia Island lebt und eine irische Partnerin hat, an der Fähre verabredet. Ihn haben wir hier auf der Werft kennengelernt, sein Segelboot liegt schräg hinter uns. Bernhard und Deidra nehmen uns mit nach Cahersiveen. Die beiden müssen ein bisschen einkaufen und wollen in einer französischen Patisserie Heimatluft schnuppern. Wir schauen uns den Ort an, helfen einer älteren Dame im elektrischen Rollstuhl, der nicht mehr weiterfahren will, nach Hause und nutzen die Gelegenheit, im Supermarkt noch ein paar frische Lebensmittel einzukaufen.

Cahersiveen:

Und das alles bei 30° C im Schatten 🙁  – ob das mit uns und Segeln im Süden wirklich was wird, sehen wir noch nicht 😉 . Im Badezeug liegen wir nach unserer Einkaufstour im Cockpit und schwitzen. Da hilft nur noch ein kurze Abkühlung im Wasser am Slipway – in Irland ist Hochsommer und Badewetter und wir sind dabei – damit hätten wir nie und nimmer gerechnet 🙂 .

Mittwoch, den 30.05.2018

Peter bleibt heute an Bord – Bernhard hat gefragt, ob er ihm helfen könne, sein Boot, das heute wieder in´s Wasser kommt, nach Knightstown zu segeln. Das passt ganz gut, denn ich möchte versuchen, in Portmagee auf einem der Boote, die von dort nach Skellig Michael starten, einen Platz zu ergattern, der kurzfristig abgesagt wird.

Um 07:30 Uhr bin ich schon unterwegs – zum Hafen von Portmagee muss ich erst mal 6 km laufen. Die ganze Aktion ist leider erfolglos 🙁 , die Boote sind alle voll besetzt. Auf einem Boot werden zwei Plätze frei, die aber ein Ehepaar bekommt. Wie auch immer, ich ärgere mich nicht, denn mit 150 Leuten auf Skellig Michael herumzulaufen ist vielleicht doch nicht wirklich schön – aber einen Versuch war es trotzdem wert 😉 .

Portmagee:

Statt nach Skellig Michael zu fahren, laufe ich nach Bray Head, dem westlichen Ende von Valentia Island und von dort wieder zurück zur Werft. Nach gut 7 Stunden bin ich wieder an Bord – ganz schön geschafft, nass geschwitzt aber zufrieden 🙂 .

Bray Head

Bray Head

Unterwegs

Mir bleibt nur eine kurze Verschnaufpause, dann segelt Peter mit Bernhard nach Knightstown und ich fahre mit Bernhards Fahrrad auch dort hin, damit er nicht die 4 km bis zur Werft zu Fuß laufen muss, um sein Fahrrad wieder zu bekommen 😉 . Nachdem Bernhards Boot gut in Knightstown am Steg liegt, bringt er uns mit seinem Auto zurück zur Werft – sehr nett, denn mit Bootsschuhen und Flip-Flops wäre es wohl eher ein unangenehmer Rückweg geworden 😉 .

Donnerstag, den 31.05.2018

In der Nacht um 01:00 Uhr werden wir von lauten Geräuschen geweckt. Jemand klettert die Leiter zu unserem Boot hoch. Ich springe aus dem Bett, rufe laut „Hallo“ und gucke durch das Küchenfenster einem jungen Mann in´s Gesicht. So schnell, wie er die Leiter hochgeklettert ist, ist er auch wieder unten. Der hat sich bestimmt ebenso erschreckt, wie wir 😉 . Auf dem Werftgelände sehen wir drei junge Männer Richtung Slipanlage verschwinden. Der Schrecken hält uns noch eine ganze Zeit wach, wir hören aber weder ein Boot noch ein Auto, mit dem die jungen Leute verschwinden.

Den Donnerstag verbringen wir mit Warten. Gegen 10.00 Uhr fragen wir Fionan, ob er schon weiß, wann die Expresslieferung mit dem Ersatzteil für den Saildrive kommt. Nein, er habe noch nichts gehört, hoffe aber, dass die Lieferung im Laufe des Tages komme. Das ist jetzt nicht die Antwort, die wir gerne gehört hätten 🙁 . Geduld ist gefragt – eine schwierige Angelegenheit, wenn tolles Wetter ist, wir schon seit Freitag hier festliegen und eigentlich in den schönsten Ankerbuchten hätten ankern können. Das geht oft ja nur bei ganz ruhigen Wetterverhältnissen.

Gegen 14:00 Uhr fragen wir erneut – immer noch keine Ersatzteile in Sicht, aber Fionan ist immer noch guter Hoffnung 😉 . Als um 16.00 Uhr die meisten Mitarbeiter der Werft Feierabend machen, haben wir die Hoffnung aufgegeben, heute noch mit repariertem Saildrive in´s Wasser zu kommen.

Um 17:00 Uhr steht Fionan auf der Leiter – mit den Simmeringen 🙂 . Ein Mechaniker erledigt die Reparatur, füllt Öl nach und damit wären wir fertig, um mit dem Travellift in´s Wasser gehoben zu werden – nur Fionan muss noch mal nach Portmagee zu einer Besprechung und sonst ist hier niemand mehr. Na ja, Hochwasser ist ja erst um 18:30 Uhr – also kann es noch klappen 😉 .

Unser Stellplatz der letzten Tage

Rückwärts geht´s in´s Wasser

Um 19:10 Uhr schwimmen wir wieder und machen uns noch auf den Weg nach Dingle. Unglaublich, dass das heute noch geklappt hat und was für ein Glück, dass es nur die Simmeringe und nicht auch noch die Welle war, die defekt waren 🙂 .

Der versprochen Wind aus NW mit 1-2 Bft ist irgendwo anders, aber nicht hier in der Dingle Bay. Wir motoren die 19 sm nach Dingle und sehen auch von der Landschaft leider nicht viel – alle Berge liegen im Dunst 🙁 . In der Ansteuerung von Dingle Harbour werden wir von Fungi, dem Dingle-Delphin begrüßt, obwohl es schon 22:30 Uhr ist – schlafen muss Funghi wohl nicht 😉 . Bis zur Marina ist das Fahrwasser ausgebaggert, nicht wirklich breit und auch nicht wirklich tief. Mitten im Fahrwasser liegt ein Bagger, der wohl für etwas mehr Tiefe sorgt 😉  . Wie immer, ist auch dieser Bagger so sehr beleuchtet, dass wir nicht auf Anhieb erkennen können, an welcher Seite wir vorbeifahren müssen. Wäre aber schon wichtig, denn rechts und links vom ausgebaggerten Fahrwasser stehen die Möwen im Wasser 😉 .

Wir nehmen wohl die richtige Seite und leisten den Möwen keine Gesellschaft 😉 , sondern machen in der Marina längsseits an einem Kopfsteiger fest, froh, dass wir unseren Törn jetzt fortsetzen können 🙂 .

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