Møyhamna – Kjerringøy

Mittwoch, 03.06.2015
W-NW 3-4 Bft, SW 6 Bft – 152,3 sm – 29h 33min – Ø 5,2 kn – gesamt: 1.164,2 sm

2015-06-04 Moyhamna-KjeringoyFEIN

Møyhamna-Kjeringøy

Ganz Unrecht haben die Segelflieger nicht – wir werden von norwegischem Landregen geweckt. So ein Mist, aber gestern Abend wollten wir nach so einem langen Tag nicht mehr auf den Torghatten steigen, zumal wir nicht wissen, wie lange die Wanderung dort hin dauert. Also erledigen wir erst mal einige Dinger an Bord, bevor wir uns dann doch auf den Weg machen.

Nach und nach hört es auf zu regnen, die Sonne lugt hinter den Wolken hervor und wir sehen tatsächlich stückchenweise blauen Himmel. Der Torghatten ist „der Berg“ hier auf der Insel Torget – der hat nämlich ein Loch in der Mitte, ziemlich groß, durch das man durchklettern kann.

Torghatten

Torghatten

Und zu diesem Berg mit dem Loch gibt es natürlich im Land der Trolle, Geschichten und Sagen auch eine Geschichte: Es war einmal vor langer Zeit, dass sich der große Troll Hestemannen in die mit ihren 6 Schwestern badende Jungfrau Lekamøya verliebte. Er entschloss sich, sie um Mitternacht zu entführen. Aber die 7 Schwestern sahen ihn, als er südwärts galoppierte, flohen und schmissen sich dann erschöpft zu Boden. Hestemannen hob seinen Bogen und zielte auf Lekamøya: Wenn er sie nicht bekam, sollte auch kein anderer sie bekommen. Aber der König der Berge, Lekamøyas Wächter, hob seinen Hut und wehrte damit den Pfeil ab. Als die Sonne aufging, verwandelte sie den Troll in den Berg Hestemannen in der Nähe von Melford, die sieben Schwestern in sieben Berge auf Alsten und den Hut des Königs in den Berg Torghatten, 260 Meter hoch, mit einem riesigen Loch in der Mitte.

Ausgestattet mit unseren „richtigen“ Wanderschuhen machen wir uns auf den Weg. Der ist erst mal ganz angenehm – es ist nämlich eine Straße, die uns zum Berg führt. Dort können wir auf einer Hinweistafel lesen, dass die Wanderung um den Torghatten 7,5 km lang ist. Es sind auch drei Wege auf den Berg eingezeichnet, man kann aber nicht erkennen, welcher Weg nun zur Gedenktafel für einen Flugzeugunfall führt und welche Wege zum Loch. Wir umrunden den Berg erstmal auf der Westseite und stehen dann vor einem Abzweig zum Loch. Jetzt geht es bergauf, über Felsen, durch Bachläufe, über Wurzeln – immer mit dem Blick auf eine steile Wand voraus.

Eine halbe Stunde brauchen wir, bis wir unterhalb des Lochs stehen. Wir sind überwältigt, es ist einfach gigantisch. Mitten im Berg ein riesiges Loch, steile Felswände zu beiden Seiten. Wenn ich nach oben schaue, wird mir schwindelig. Die Aussicht über den Atlantik, nach Brønnøysund und auf die Berge am Festland ist richtig schön. Passend dazu scheint die Sonne! Und wir haben mal nicht gefroren. Vom Aufstieg ist uns ganz schön warm.

Weiter klettern wir über die Felsen hoch zum Loch und staunen wieder mal über das, was die Natur so erschaffen hat. Das Loch ist 35 Meter hoch, 15 – 20 Meter breit und 160 Meter lang. Durch das Loch können wir auf die andere Seite des Berges auf die umliegenden Schären schauen.

Wir haben den Durchblick

Wir haben den Durchblick

Am besten hat uns gefallen, dass wir hier alleine sind, dass wir diese ganzen tollen Eindrücke in Ruhe auf uns wirken lassen können. Begeisterte andere Wanderer oder kreischende kleine Kinder, die das Echo ausprobieren wollen, fehlen uns nicht wirklich.

Kletterpartie im Loch

Kletterpartie im Loch

Wir klettern durch das Loch, z. T. über Treppen und steigen auf der anderen Seite den Berg wieder runter. Am Fuße des Berges haben wir von einer Brücke noch einmal einen tollen Blick auf das Loch im Torghatten. Wir sind begeistert!

Torghatten

Torghatten

Zügig umrunden wir den Torghatten, machen unsere Ruby Tuesday startklar und motoren die 5 sm nach Brønnøysund – da war doch noch was, was wir dort kaufen wollten 😉 Freundliche Menschen schicken uns von hier nach dort und zurück – leider erfolglos. Wieder kein Doppelnippel für unsere Gasanlage. Dafür kennen wir jetzt den Klemptner von Brønnøysund, einen Campingplatz, den Segelladen und einen Trödelladen. Tolle Sache!!

Der Wind ist gut, das Wetter auch, also segeln wir weiter – Brønnøysund ist jetzt nicht so schön, als dass wir dort bleiben müßten. Das Besondere an Brønnøysund ist, dass hier die Norwegische Küste in zwei gleich lange Hälften geteilt wird. Es ist gleichweit von hier zum Nordkap oder zum Kap Lindesnes ganz im Süden.
Wir segeln wieder durch wunderschöne Landschaft, schroffe Berge rechts und links- mal nur Felsen, mal grün mit Moosen oder auch mit Bäumen bewachsen. Das Wetter ist wie fast immer durchwachsen – mal scheint die Sonne, dann trifft uns ein Schauer, mal ist es mehr, dann wieder weniger windig. Immer segeln wir gut geschützt im inneren Fahrwasser. Gegen die Kälte hilft die geschlossene Kuchenbude, mindestens vier Lagen Pullover, lange Unterhose, Softshellhose und jede Menge heißer Tee.

Unterwegs:

Wir nähern uns dem Polarkreis

Wir nähern uns dem Polarkreis

Wir wollen weiter bis zum Svartisen-Gletscher. Der reicht fast bis in den Holandsfjorden. Vom Anleger kann man bis zur Gletscherzunge wandern. Das Wetter verschlechtert sich in der Nacht. Es wird immer kälter, nur noch 7° zeigt unser Thermometer an. Für morgen ist Schneefall und schlechtes Wetter angesagt. Nicht optimal, um zum Gletscher zu wandern. Und tatsächlich stimmt der Wetterbericht – als wir morgens gegen 10:00 Uhr vor dem langen Fjord stehen, hüllen sich alle Berge in dicke Wolken. Den Gletscher können wir nicht sehen. Kurze Lagebesprechung – wir segeln weiter. Der Wind ist gut, das Wetter schlecht. Da macht eine Wanderung zum Gletscher keinen Sinn. Schließlich wollen wir ja sehen, wohin wir wandern. Und wir kommen hier ja auch noch mal vorbei 😉 .

Ungemütliches Wetter

Ungemütliches Wetter

Dieses ungemütliche Wetter ist tatsächlich noch am besten segelnderweise auszuhalten. Wir beschließen, soweit nach Norden zu segeln, wie wir Lust haben bzw. der Wind mitspielt. Der spielt ganz schön mit uns – im geschützten Fahrwasser alles ganz entspannt, aber manchmal sind eben auch Lücken in der Bergkette und dann bekommen wir eine volle Breitseite, oft von mehr als 20 kn. Das ist aber dann auch schnell wieder vorbei. Nach Bodø wollen wir nicht – zu groß, zu laut – eine Stadt eben. Wir gucken uns den kleinen Hafen Kjerringøy, ca. 17 sm nördlich von Bodø, aus. Der Wind nimmt zu, immer öfter haben wir 25 kn, manchmal auch 28 kn. Das sind schon satte 6 Bft. Die Welle schiebt auch ganz schön von hinten – klein ist die nicht mehr. Aber wir sind ja auch aus dem Schutz der Berge raus und so bekommen wir Wind und Welle zu spüren.

Kjerringoy

Kjerringøy

Der Hafen liegt gut geschützt hinter zwei Wellenbrechern. Ich bin unsicher wegen der Tiefen im Hafen – das Hafenhandbuch ist da nicht so aussagekräftig – und fahre entsprechend vorsichtig und langsam. Zu langsam – erst im zweiten Anlauf gelingt uns das Anlegemanöver längsseits an einem Steg bei immerhin 22 kn ablandigen Wind.
Wir werden vom Hafenmeister sehr freundlich empfangen, er zeigt uns schnell noch die sanitären Anlagen, den Aufenthaltsraum und den Schlüssel für den Müllcontainer, dann falle ich in die Koje. Morgen schauen wir dann mal, wo wir hier so gelandet sind.

Dieser Beitrag wurde unter 2015 - Nordkapp veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.