São Jorge

Mittwoch, den 28.06.2023 – Dienstag, den 04 .07.2023

Wir lassen es langsam angehen – erst gegen Mittag laufen wir in den schönen, ruhigen Ort Velas und schauen uns dort ein bisschen um. Wie fast alle Orte, die wir bisher auf den Azoren gesehen haben, ist auch Velas sehr gepflegt und sauber. Im Zentrum des kleinen Ortes liegt der Jardim da República, ein netter kleiner Stadtpark, schön bepflanzt, mit einem Musikpavillon in der Mitte und einigen Bänken im Schatten. An den Stadtpark grenzt das Rathaus – alles in rot und grau aufeinander abgestimmt 🙂 . Genauso schön ist der Kirchplatz mit dem asiatisch anmutenden Brunnen mit Drachen.

Im Stadtgarten mit Rathaus

Schönes, altes Haus im Zentrum von Velas

Kirchplatz in Velas

Velas hat auch sonst alles, was man so braucht – Cafés, Restaurants, kleine Läden, Autovermietungen und einen Supermarkt und ist trotzdem überhaupt nicht hektisch. Nach einem Galão am Stadtpark laufen wir weiter zu den Natur-Bade-Pools in den Lavaklippen – zwei Stück gibt´s davon. Über die Promenade, vorbei am Kulturzentrum, das auf den Resten der alten Hafenburg gebaut wurde, schlendern wir zurück zum Hafen – wir warten ja immer noch darauf, dass wir uns in die geschützte Marina an den langen Ponton verlegen können.

Velas

Das dauert noch etwas, aber dann wird das Boot mit dem Motorschaden rausgeschleppt, eine Hanse 41 legt sich an den Ponton und wir können an der Hanse längsseits gehen – hier liegen wir doch sehr viel ruhiger, als in der Hafeneinfahrt. Wir haben Glück – in den nächsten Tagen verlassen nur sehr wenige Segler die Marina, der Ankerplatz im Vorhafen wird recht voll. Mitunter liegen dort 15 Segelboote und warten auf einen Liegeplatz in der Marina oder segeln irgendwann dann doch weiter. José, der Hafenmeister ist super freundlich und hilfsbereit und versucht wirklich alles, um möglichst viele Boote in der Marina unterzubringen. Braucht man Diesel, muss man als drittes Boot in’s Päckchen gehen, da zwei Boote an der Tankstelle einen Liegeplatz gefunden haben 😉 . Aber auch das ist kein Problem!

Marina Velas

Sehr klares Wasser in der Marina

Nicht nur Fische fühlen sich in dem sehr klaren Wasser der Marina wohl, wir können bis auf den Grund sehen, auch Enten und Gänse fühlen sich hier wohl. Ein ganz besonderes Spektakel machen aber jeden Abend die Gelbschnalbelsturmtaucher, die ab 22:00 Uhr, wenn es dunkel wird, in ihre Nester an der Felswand in der Marina zurückkehren. Es hört sich ein bisschen wie aua..auau.. an, ist auf jeden Fall aber ganz schön laut.

In den nächsten Tagen erkunden wir São Jorge auch wieder mit dem Leihwagen, zu Fuß und auf Wanderungen. São Jorge ist eine langgestreckte, schmale Insel mit Bergen im Landesinneren und steil zum Atlantik abfallenden, grünen, bewaldeten Klippen mit Fajãs zu deren Füßen – wunderschön anzusehen und ein Wanderparadies 🙂 . Im Reiseführer wird São Jorge beschrieben wie der Rückenpanzer eines Seeungeheurs, der aus dem Wasser ragt oder wie ein kielobenschwimmendes Boot – beides trifft ein bisschen zu. São Jorge ist ca. 56 km lang und ca. 8 km breit, die Berge bzw. Vulkane sind bis zu 1.000 Metern hoch – ein schöner Höhenwanderweg windet sich mit einem Abstecher zum Pico da Esperança um die Vulkankegel und Caldeiras. Eher abenteuerlich sind die schmalen, steilen Pfade, die sich die Steilküste hinab zu den Fajãs schlängeln. Fajãs sind Ebenen, oft nicht viel höher als Meeresniveau, die am Fuße der steil abfallenden Küsten durch Abrutschen von Geröll über Jahrtausende entstanden sind. In den Fajãs herrscht ein ganz besonderes Mikroklima – es gedeihen dort Bananen, Wein, Tabak und Kaffee. Das Leben dort war und ist nicht einfach – oft gelangt man zu den Fajãs nur über die schmalen Pfade an der Steilküste, breitere Wege und Straßen wurden erst sehr viel später angelegt. Auch heute gibt es noch Fajãs, die nur über die „Eselspfade“ erreicht werden können. Viele Fajãs sind inzwischen aufgegeben oder die kleinen Häuser werden nur noch im Sommer als Ferienhäuser genutzt.

Fajã dos Vimes

Wir sind erst mal mit dem Auto unterwegs, bevor es an’s Wandern geht 😉 . Als wir den Leihwagen abholen, beginnt es zu regnen – waschen müssen wir nicht schon wieder 😉 , also fahren wir erst mal zur Käserei und besichtigen diese. São Jorge ist nicht nur ein Wanderparadies, sondern auch die „Käseinsel“ der Azoren 😉 . Auf São Jorge wird der beste Käse der Azoren aus Rohmilch hergestellt. In der Käserei União de Cooperativas Agrícolas de Lacticínios de São Jorge erfahren wir in einer Führung – gut verkleidet mit Haube, Mundschutz, Kittel und Schuhschutz alles über den Produktionsprozess des Azoren-Käses und dürfen diesen danach auch probieren. Der Käse erhält seinen unverwechselbaren Geschmack durch die einzigartige Milch der São Jorge Kühe. Und die Milch ist wegen der Flora der Hochlandweiden und der salzhaltigen, feuchten Luft so besonders. Der Käse schmeckt wirklich gut – ohne irgendwelche weiteren Zutaten gibt es ihn in unterschiedlichem Alter. Von ganz mild bis ganz herzhaft – fast so wie beim guten Käse aus Holland 😉 .

Das Wetter ist hier ja nicht grundsätzlich schlecht, aber es regnet halt immer mal wieder und es ist häufig bedeckt – nicht so schön für die Fotos, aber um sich auf der Insel zu bewegen und zu laufen auch nicht unangenehm. Aber auch die Sonne bekommen wir genug zu sehen – scheint sie, wird es auch schnell ziemlich warm 🙂 .

Wir fahren mit dem Auto zum westlichen Ende von São Jorge mit den Ruinen des Leuchtturms auf der Ponta dos Rosais, den wir schon vom Wasser aus gesehn haben – eine unheimliche Anlage, die auch mal militärisch genutzt wurde. Viel schöner ist es auf dem Dach des Walausgucks nur einige Kilometer vor dem Leuchtturm – die Aussicht ist trotz des bedeckten Himmels klasse.

Ganz begeistert sind wir von dem Parque das Sete Fontes – einem großen, sehr gepflegten Forstpark mit Kapelle, Tiergehegen, Ententeich, alter Waschstelle und vielen üppigen Pflanzen – wie immer bin ich von den Farnbäumen ganz fasziniert.

Farnbäume im Parque das Sete Fontes

Entenhaus – ist ziemlich feucht und grün hier

Die Wolken kreisen uns ein – die nächsten Miradouros lassen wir aus

Längs über die Insel – vorbei an dem netten Städtchen Urzelina mit den schönen Windmühlen und dem weniger ansprechenden Städtchen Calheta fahren wir in den Osten von São Jorge.

Südküste von São Jorge

An den Küsten im Süden und Norden gibt es einige Dörfer, das Land dazwischen ist nicht besiedelt – es gehört den Kühen, Wiesen, Bergen und vor allem den Hortensienhecken 😉 . Wie Unkraut, nur viel schöner, verbreiten sich die Hortensien in den unterschiedlichen Farben über die Insel – meistens entlang der Straßen und der Steinmauern, die die Weiden eingrenzen – der Anblick ist fantastisch, ich kann mich daran nicht satt gucken 😉 .

Endlos lange Hortensienhecken

Manchmal mischen sich auch wilde Rosen zwischen die Hortensienhecken

Ganz im Osten von São Jorge liegt der kleine, nette Ort Topo mit einem einmaligen Naturschwimmbecken in den Lavaklippen – bei Hochwasser oder bei viel Seegang schwappen die Wellen in das Becken.

Alte Wassermühle

Zwischen der Ponta dos Rosais und Topo liegt die Hochebene, vollkommen unbesiedelt, aber mit schönen Wanderwegen. Auf unseren Fahrten über die Insel bin ich auf der Südseite schon zu zwei Fajãs abgestiegen – zur Fajã dos Vimes und zur Fajã de São João. Beide Pfade sind in diesem Jahr noch nicht oft begangen worden, vor allem den Pfad zur Fajã de São João erkenne ich oft nur an dem platt gedrückten Gras. Aber es sind schöne Wanderungen mit toller Aussicht auf die Fajãs und auf die Insel Pico, die ich oft nur als dunklen Streifen im Dunst erkenne. Eine ganz besondere Atmosphäre strahlen die Fajãs aus, die nicht mehr dauerhaft bewohnt sind und die man nur über die steilen Pfade erreichen kann – hier kann man sich am ehesten vorstellen, wie entbehrungsreich das Leben hier gewesen ist.

Start zum Abstieg zur Fajã dos Vimes

Fajã da Fragueira – unterwegs auf dem Wanderweg

Fajã dos Vimes

In der Fajã dos Vimes wird u.a. Kaffee angebaut – im Vorbeigehen sehe ich, wie ein Mann Kaffeebohnen auf dem Boden verteilt. Mit Händen und Füßen und Google Übersetzer und einem unaufhaltsamen portugiesischen Redeschwall erklärt mit der Mann alles über seine vier Kaffee-Plantagen. Dann führt er mich durch die Plantagen. Nicht viel, aber doch ein bisschen habe ich verstanden 😉 . Im Café Nunes probieren Peter und ich dann den hier angebauten Kaffee – ganz schön stark 😉 .

Wanderung zur Faja de São João

 

Blick auf die Fajã de São João

Auf einer schönen Wanderung über das Hochland, teils in den Wolken, bis hinunter zur Fajã do Ouvidor gibt es aus nächster Nähe viele unterschiedliche Ausprägungen der Vulkane zu sehen. Ganz besonders spannend ist der Abstecher auf den Pico da Esperança, einem Vulkan mit doppelter Caldeira mit Teichen. Der Pico verschwindet immer wieder in Wolkenfetzen, über einen schmalen Weg stapfe ich bis zum Grat zwischen den beiden Caldeiras. Ich sehe nicht viel, höre aber die Frösche in den Teichen um so lauter. Dann lichtet sich der Nebel bzw. die Wolke löst sich auf und ich habe freie Sicht auf die Doppel-Caldeira!

Der Wanderweg über die Hochebene ist nicht anspruchsvoll, es ist ein breiter Quadweg, spannender wird erst der Abstieg zur Fajã do Ouvidor, die aber auch über eine Straße zu erreichen ist. Auch hier gibt es wieder natürliche Bade-Pools in den Lavaklippen am Hafen. Zur Lagune Poça de Simão Dias kommt man nur über Treppen, die in den Lavafelsen angelegt sind – super klares Wasser reizt zum Baden 🙂 .

Noch ist die Sicht gut 😉

Lagune Poça de Simão Dias in der Fajã do Ouvidor

Gemeinsam mit der Crew der SY sea magiX, die seit einigen Tagen bei uns längsseits liegt, nachdem die Hanse 41 weitergezogen ist, wandere ich von der Serra do Topo im Hochland zur Fajã da Caldeira de Santo Christo und weiter zur Fajã dos Cubres – eine schöne Erfahrung, mal nicht alleine zu wandern. Nicht nur die Begleitung von Uschi und Benedikt ist unterhaltsam, auch die Wanderung ist spitze. Wie üblich, geht es auf engen, steilen Pfaden erst mal bergab, vorbei an einem kleinen Wasserfall mit Bade-Pool für die ganz Harten 😉 . Der Weg führt durch eine bewaldete Schlucht, natürlich fehlen auch hier die Hortensien nicht 😉 . Die Fajã da Caldeira de Santo Christo liegt einsam, ist auch nicht mit Autos zu erreichen, nur Quads sind hier unterwegs. Eine schöne Lagune liegt vor der Fajã. Auf dem weiteren Weg zur Fajã do Belo und Fajã dos Cubres begegnen uns immer wieder Quads – das ist schon ein bisschen nervig und manchmal stinkt es auch ganz schön. Die Quads werden nicht nur von den Bewohnern der Fajãs genutzt, auch der Pastor kommt uns auf einem Quad entgegen – vorher begegnen uns schon zwei weiß gekleidete Ordensschwestern zu Fuß 🙂 . Es ist Sonntag – die Kirche ruft auch in den Fajãs.

Schutzhöhle auf dem Wanderweg

Treppe zum Wasserfall mit Pool

Ein bisschen zu kalt zum Baden 😉

Unterwegs

Fajã da Caldeira de Santo Christo

Lagune der Fajã dos Cubres

Fajã dos Cubres

Inzwischen haben wir die Nachricht bekommen, dass unsere Batterien in Horta eingetroffen sind – Mittwoch werden wir mal den Versuch starten, nach Horta zu segeln – was wegen des wenigen Windes schon eher schwierig ist – und dann dort auch noch möglichst einen Liegeplatz mit Landzugang zu bekommen – was fast unmöglich ist 😉 . Voll ist es in Horta ja immer, aber gerade läuft dort auch die Regatta Class 40 – Les Sables-Horta-Les Sables ein. Nun ja, wir werden sehen …

Auch in Velas wird es mit Liegeplätzen schwieriger – hier findet vom 06.07. – 09.07.2023 das Stadtfest Semana Cultural das Velas 2023 statt – und auch dazu gehört eine Regatta von Horta nach Velas und zurück. Für die Regattateilnehmer werden dringend Liegeplätze benötigt!

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