Graciosa

Donnerstag, den 22.06.2023 – Montag, den 26.06.2023

Graciosa ist keine große Insel – in der Zentralgruppe der Azoren-Inseln ist sie die kleinste Insel, von den 9 bewohnten Azoren-Inseln ist nur Corvo noch kleiner. Graciosa ist eine schöne Insel ohne viel Tourismus, aber mit sehr schöner Natur und vor allem mit viel Ruhe. Echte Highlights gibt es hier nicht sooo viele, eigentlich nur eins – die Caldeira im Süden der Insel mit der Höhle Furna do Exofre, zu der man durch einen Vulkanschlot hinabsteigen kann.

Graciosa

Das kleine Dorf Praia mit Fischerhafen

Strand von Praia

Das Wahrzeichen von Graciosa sind die Windmühlen – meistens weiß getüncht mit einem roten, zwiebelförmigen Dach. Manchmal sind die Flügel noch vorhanden, meistens nicht, oft sind es aber auch nur noch Ruinen. Überall über Graciosa sind die Windmühlen verteilt.

Graciosas Windmühlen

Die Wiesen, Felder und Straßen sind mit meterhohen Steinmauern begrenzt – man kann oft nicht darüber schauen, was sich dahinter wohl versteckt. Kühe, Wein oder vielleicht die Zwergesel, die es nur auf Graciosa gibt? An viele Mauern schmiegen sich Hortensien-Hecken in weiß, lila, rosa, dunkelblau oder hellblau – immer wieder schön und immer wieder ein gern genommenes Fotomotiv 😉 . Es gibt aber auch andere Blumenhecken – Afrikanische Liebesblumen, meistens in weiß, säumen auch häufig die Straßen. Viele Hortensien blühen noch nicht, andere stehen voll in Blüte und noch andere fangen schon an zu verblühen – warum? Keine Ahnung. Hängt vielleicht mit der Höhe zusammen, in der sie wachsen.

Wanderwege zwischen Steinmauern

Die Insel São Jorge im Hintergrund

Auf Graciosa wird viel Wein angebaut, aber auch Viehwirtschaft betrieben, ganz aktiv sind die Fischer 🙂 . Das bekommen wir im Fischerhafen hautnah mit – schon ganz früh morgens legen die Fischerboote ab und erst spät abends kommen sie wieder zurück – egal bei welchem Wetter.

Weinanbau auf Graciosa

Das wird was 🙂

Inzwischen ist es im Hafen voll geworden – vier Segelboote teilen sich den Platz an der Quaimauer, je zwei längsseits und im Päckchen, ein Segelboot hat einen Platz an einem Fingersteg, der von dem Fischer im Moment nicht gebraucht wird. Die Fischer stört das alles nicht, sie gehen recht entspannt mit den Seglern um. Am Samstag verlassen drei Segler den Hafen – wir verlegen uns an den Fingersteg, mitten zwischen die Fischer. Manchmal riecht es hier ein bisschen streng, aber die Fischer sind freundlich, manchmal wird laut palavert, leider verstehen wir sie nicht 😉 .

Jeder findet einen Platz hier

Fischer bei der Abeit – die Fische werden im Fleichwolf geschreddert – was dann damit passiert …?

Graciosa erkunden wir zu Fuß, auf Wanderwegen, mit dem Bus und mit dem Auto. Wir haben das Gefühl, dass es hier keine Hektik gibt, alle Menschen sind entspannt, sehr freundlich und meistens zu einem Schwätzchen aufgelegt. Ein bisschen „Heile Welt- Gefühl“ kommt da schon auf.

Aber das kann auch schwer täuschen – wir sehen ein altes Paar auf einem Pfedekarren, alle wirken geschafft, Menschen wie Pferd. Dann sehen wir sehr, sehr kleine (Reihen)Häuser, in denen vermutlich nur ein Raum Platz hat, vielleicht im Obergeschoss noch ein zweiter Raum. Heile Welt? Vielleicht doch nicht, zumindest ist das Leben nicht für alle Insulaner einfach.

Viele Bewohner von Graciosa sind in der Vergangenheit nach Amerika oder Kanada ausgewandert – die Reblaus machte dem Weinanbau in großem Stil ein Ende und es fehlte vielen Familien die wirtschaftliche Grundlage, zu bleiben. Viele Häuser der Auswanderer verfallen, weil keine finanziellen Mittel für die Instandhaltung da ist, aber viele Auswanderer sind auch zu Geld gekommen und pflegen die Häuser in der alten Heimat, um sie im Sommer als Ferienhaus zu nutzen. Oder sie bauen sich moderne neue Häuser. In Santa Cruz, dem Hauptort von Graciosa stehen sich neu und alt an der Dorfstraße gegenüber.

Sehr moderne Bauweise

Direkt gegenüber ein bisschen Schrebergartenatmosphäre

Auch auf Graciosa kann man sehr gut wandern, einige Touren starten in Praia. Zurück geht´s dann mit dem Bus. Ich wandere über die Berge mit schönen Ausblicken über Graciosa nach Santa Cruz und fahre mit dem Bus wieder zurück. Die zweite Wanderung führt mich durch ein Tal zwischen zwei Bergzügen stetig bergauf zum Windpark und der kleinen Caldeira Caldeirinha auf der Serra Blanca. Auch hier gibt es wieder rundum tolle Ausblicke.

Caldeirinha

Die Wanderwege sind nicht so spektakulär wie auf Terceira oder auf Santa Maria, es sind eher breite Wege, auf denen durchaus auch ein Traktor fahren könnte. Wanderstöcke brauche ich hier nicht. Die Wanderwege sind oft zugewachsen – entweder wird hier nicht viel gewandert, oder die Saison beginnt erst noch 😉 . Mit meinen beiden Wanderapps komme ich auf jeden Fall gut zum Ziel – manchmal fehlt die Markierung auf den Wegen. Andere Wanderer treffe ich nicht, aber das Zwitschern der Vögel begleitet mich die ganze Zeit 🙂 .

Wanderungen auf Graciosa

Mit dem Auto fahren wir zur Caldeira mit der Höhle Furna do Exofre – durch einen Tunnel kommen wir in’s Innere der Caldeira. Ein paar Stufen geht es bergab, dann sind wir am Eingang, aber noch nicht in der Höhle. Dafür müssen wir noch mal 184 Stufen eine Wendeltreppe inmitten eines Vulkanschlots hinuntersteigen 😉 .

Durch den Tunnel in die Caldeira

Die Höhle ist ca. 200 Meter lang, das Gewölbe ca. 50 Meter hoch – ein toller Anblick. Einen See gibt es auch – ca. 15 Meter tief und mit einem Durchmesser von ca. 100 Metern. Am Ufer liegt ein Ruderboot, aber damit darf man nicht mehr über den See fahren. In der Höhle steigen Dämpfe und Gase auf – mit CO2-Detektoren wird der Gehalt überwacht. Es kann schon mal vorkommen, dass die Höhle gesperrt wird, wenn der Gehalt zu hoch ist. Im Eingangsbereich des Besucherzentrums können wir sehen, dass heute der CO2 Gehalt bei 4,6 % liegt und wir ca. 15 Minuten gefahrlos in der Höhle bleiben können.

Einstieg in die Höhle über den Treppenturm

Natürlich gibt es in der Höhle auch 2 kleine Fumarolen – es blubbert und dampft und riecht nach Schwefel 😉 .

Zurück auf dem äußeren Rand der Caldeira laufen wir zu einem 15 Meter langen Hohlgang, durch den wir in das Innere der Caldeira kommen. Wie eine sich schlängelnde Röhre liegt dieser Hohlgang am Kraterrand. Von hier können wir die Caldeira seht gut überblicken – schon faszinierend, was die Natur so alles hervorgebracht hat!

Hohlgang, um in’s Innere der Caldeira zu kommen

Schon toll …

Ganz im Süden von Graciosa in Carapacho gibt es einen Meerwasserpool in den Lavaklippen und eine Therme mit 37,2°C warmem Wasser – darin entspannen wir, bis die Haut an den Fingern wellig wird. Duschen gibt es im Fischerhafen nicht und an Deck mit Zuschauern duschen ist auch nicht so toll – wir nutzen lieber das entspannte Bad in der Therme 🙂 .

Bevor es dann an’s Wäsche waschen und Einkaufen geht, gönnen wir uns
noch einen tollen Ausblick vom Leuchtturm oberhalb von Carapacho – wir sehen São Jorge und Terceira – heute ist es nicht so sehr dunstig 🙂 .

Auf dem Weg nach Santa Cruz machen wir einen Abstecher zur neuen Marina – die Wellenbrecher sind schon einige Jahre fertig, aber es fehlen noch die Stege und die Sanitäranlagen. Man kann in dem Oval, das leider auch nicht so sehr tief ist, wohl ankern. Es gibt auch einen mehr oder weniger provisorischen Steg, an dem einige kleine Motorboote liegen, der aber für größere Boote nicht geeignet ist. Schade, dass der Bau der Marina nicht weitergeht – wir hören, dass es am Geld liegen soll, andere Inselbewohner sagen, dass man bei der Planung nicht berücksichtigt hat, dass die Wassertiefe eigentlich zu flach ist. Eine Marina wäre schon schön für Graciosa – die Segler nehmen sie bestimmt gerne an.

Vorne die zukünftige Marina, hinten ein natürlicher Badepool

Santa Cruz ist der Hauptort vom Graciosa – ruhig, klein, ein schöner zentraler Platz mit Bäumen und Bänken, ein Supermarkt, einige Cafés und Bars, ein Kirchturm ohne Kirche und zwei Kirchen mit Kirchturm. Ganz interessant sind die beiden großen Wasserbecken, die an den Platz grenzen. Früher dienten Sie Bewohnern und Vieh in Trockenperioden als Wasserreservoir, heute sind sie noch eine schöne Dekoration der Stadt. Nur das Wasser darin könnte ein bisschen sauberer oder frischer sein – es ist algig grün.

Kirchturm ohne Kirche

Oberhalb von Santa Cruz auf dem Vulkankegel Monte de Ajuda thronen drei Kapellen auf dem halbkreisförmigen Krater. Von dort haben wir einen schönen Ausblick über Santa Cruz. Das I-Tüpfelchen aber ist die Stierkampfarena von Santa Cruz unten im Krater – über einen Kopfsteinpflasterweg kommt man dorthin. Die Arena sieht allerdings so aus, als wenn hier schon länger keine Stierkämpfe mehr stattgefunden haben.

Eine der drei Kapellen auf dem Monte de Ajuda

Im Norden von Graciosa schauen wir uns Porto Alfonso an – ein inzwischen aufgegebener Fischerhafen. Auf dem Weg zum Hafen kann man an der Steilküste die verschiedenfarbigen Erdschichten sehen. Aber nicht nur das ist toll anzusehen 🙂 . Das Vulkangestein ist hier so bröckelig, dass die Fischer statt Bootshäuser zu bauen, den Stein für ihre Boote aushöhlten. In einigen Höhlen liegen noch die alten Fischerboote – wahrscheinlich für die vielen Touristen die hierher kommen 😉 . Aber wir haben ja noch keine Hochsaison – bestimmt wird es im Juli und August voller hier.

Einen Wal sehen wir auch – leider keinen echten 😉 . Am Leuchtturm an der Ponta da Barca, einer imposant zerklüfteten Steilküste, liegt die Ilhéu da Baleia. Die sieht aus, wie ein Wal!

Steinwal oder Ilhéu da Baleia

Graciosa – eine schöne, ruhige Insel, eine Insel nach unserem Geschmack 🙂 .

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