Rum

14.07.2017 – 15.07.2017

Das gute Wetter hält – es ist trocken und die Sonne scheint. Wir fahren mit dem Dinghi zur alten Pier, machen es dort gut fest und laufen ein bisschen an der Bucht entlang, bevor wir dann Kinloch Castle besichtigen.

Baumwurzel mit Steinen

Überall sind die Mauern mit Moos bewachsen

Am Weg zum neuen Fähranleger liegt das Schulgebäude – für nur drei Schüler! Auf Rum leben 31 Menschen, davon 8 Kinder. Ein kleiner Junge ist noch zu jung für die Schule, ein Mädchen besucht in Mallaig die Highschool und kommt nur alle 14 Tage zurück nach Rum. Die drei anderen Kinder werden zu Hause von ihren Eltern unterrichtet – home education oder home schooling ist in Schottland erlaubt. Die Eltern müssen sich noch nicht einmal an das offizielle Curriculum halten. Wie sinnvoll das ist – darüber lässt sich bestimmt lange diskutieren. Im Herritage Center von Rum treffen wir eine junge Mutter und ihren 5-jährigen Sohn Andrew – und schon können wir alle Fragen über home education loswerden. Andrew ist eines der drei Kinder, die nicht zur Schule gehen, sondern zu Hause von den Eltern unterrichtet werden. Die Eltern finden die Lehrmethode der Lehrerin von Rum nicht gut, deshalb unterrichten sie selbst. Vom Vater lernt Andrew Deutsch – erstellt sich uns mit Namen und Alter vor – von der Mutter lernt er Italienisch. Mathe mag er nicht so gerne, dafür liebt er alles wissenschaftliche und technische. Wenn er 12 Jahre ist, soll er nach Mallaig zur Highschool gehen. Die junge Frau erzählt auch von den anderen beiden Kindern, die zu Hause unterrichtet werden – oder auch nicht 🙁 . Die beiden sind 14 und 16 Jahre alt und können weder lesen noch schreiben. Ob das so sinnvoll ist – darüber lässt sich lange diskutieren 😉 .

Auf unserem Weg zum Otter Hide, einem Aussichtspunkt, an dem man Otter beim Fischen beobachten kann, kommen wir auch an einer aufgegebenen Siedlung vorbei. Die noch verbliebenen Grundmauern der Blackhouses mit Feuerstelle und Regalen in den Mauern sind gut erhalten – wie immer beschleicht uns ein komisches Gefühl. Anfang des 19. Jahrhunderts lebten auf Rum mehr als 400 Menschen in mehreren Siedlungen. Bis auf 50 Bewohner wurden 1826 alle im Rahmen der Clearences nach Nova Scotia gebracht. Zwei Jahre später mussten auch die restlichen Bewohner Rum verlassen – man vermutet, dass sie nach Neuseeland ausgewandert sind, genau weiß das niemand 🙁 .

Reste der Blackhouses

Im Otter Hide, einer kleinen Hütte direkt am Strand, warten wir geduldig auf fischende Otter, oder Delphine, oder bestenfalls Wale – wir sehen nur ein paar Seehunde auf einem Felsen in der etwas entfernten Bucht 🙁 .

Warten auf die Otter …

… nichts zu sehen – nur spiegelglattes Wasser

Dann geht´s zum Kinloch Castle – die Führung beginnt um 14:30 Uhr. Kurz vorher kommt die Fähre von Mallaig und bringt noch einige Touristen nach Rum – wir sind 15 Besucher, die mehr vom Kinloch Castle sehen wollen 🙂 .

Kinloch Castle

Ein junger Bewohner von Rum führt uns durch das alte Schloss – wir verstehen ihn kaum, da er sehr schnell sehr schottisch spricht 🙁 . Gut, dass gestern Abend die Rangerin schon einiges über Kinloch Castle erzählt hat – so konnte ich zumindest grob folgen. Nur die vielen Witze und zweideutigen Anmerkungen gingen irgendwie an uns vorbei 🙁 .

Kinloch Castle war ein Sommersitz des Industriellen John Bullough, wurde in kürzester Zeit von 1887 bis 1890 erbaut und bis 1957 bewohnt. Komplett mit allen alten Möbeln wurde Kinloch Castle und die Insle Rum vom Nature Conservancy, jetzt Scottish Natural Heritage übernommen, die gemeinsam mit den Bewohnern von Rum für die Instandhaltung verantwortlich sind. Das funktioniert wohl nicht so ganz – das Schloss und die Einrichtung sind in einem ziemlich schlechten Zustand. Trotzdem ist es beeindruckend zu sehen, wie die Familie Bullough hier gewohnt hat.

Die Eingangshalle ist dunkel und mit Mitbringseln und Erinnerungsstücken von verschiedenen Reisen überladen. Ein echter Steinway Flügel steht in der Halle – ein bisschen verstimmt allerdings.

Eingangshalle

Ein echter Steinway Flügel

Und ein echter Eisbär

Auch die anderen Räume wie Speisesaal, Raucherzimmer mit Billardtisch und die langen Flure sind eher dunkel gehalten.

Speisesaal

Billiardzimmer

Heizung

Orgel zu musikalischen Unterhaltung der Gäste

Lochstreifenrollen für die Drehorgel – damit auch für Abwechslung gesorgt ist

Falls der Schlossherr mal Zahnschmerzen hat …

Anders die Räume der Schlossherrin – hier ist alles hell. Aber überall kann man sehen, dass die Feuchtigkeit großen Schaden anrichtet. Die Tapeten lösen sich von den Wänden, Putz an den Fenstern ist lose. In einem Erker liegen die Stores auf dem Boden – ob das wohl so sinnvoll ist, um die Stores zu erhalten? Beeindruckend ist Kinloch Castle auf jeden Fall, aber wenn sich da nicht ganz schnell jemand ganz intensiv um die Instandhaltung kümmert, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis dieses schöne alte Schloss in sich zusammenfällt. Schade 🙁 .

Schon als wir das Schloss verlassen, sehen wir, dass wir Niedrigwasser haben.

Niedrigwasser in der Bucht von Rum

Im Schloss hing ein Bild mit dem alten Pier bei Niedrigwasser – da kann man trockenen Fußes drumherumgehen. Mhhh, wie mag es da jetzt wohl aussehen. Schwimmt unser Dinghi noch oder liegt es auf dem Trockenen? Die Frage klärt sich ziemlich schnell – es liegt auf dem Trockenen 🙁 .

Damit haben wir nicht gerechnet, als wir das Dinghi schon ziemlich weit außen am Geländer festgebunden haben. Aber zum Glück geht das Wasser ja nicht nur, es kommt auch immer wieder 😉 . Gemeinsam ziehen und schieben wir das Dinghi über die Steine, bis es wieder im Wasser schwimmt. Gerade bevor es anfängt zu schütten sind wir wieder auf unserer Ruby Tuesday 🙂 .

Es hört die ganze Nacht nicht auf zu regnen und windig wird es auch. Morgens weht der Wind mit 5 Bft über die Berge, Tendenz zunehmend. Bei einem Blick aus dem Fenster sehe ich ein Segelschiff an uns vorbeidriften. Das lag gestern noch ein ganzes Stück vor uns. Im Cockpit ist noch niemand, der sich um den nicht mehr haltenden Anker kümmert. Während Peter in´s Dinghi springt, tröte ich mit unserer Handtröte und aktiviere auch unser Horn, um die Crew aufmerksam zu machen. Mit dem Dinghi fährt Peter hinter dem Segelboot her und hämmert dann an die Bordwand. Ziemlich verschlafen kommt ein junger Mann in´s Cockpit, wird dann allerdings schnell wach 😉 . Das ist ganz schön knapp – das Ufer ist nicht mehr weit!

Peter weckt den Skipper der driftenden Yacht

Der Wind nimmt weiter zu und bläst im Laufe des Vormittags mit 7-8 Bft über die Berge in die Bucht. Es wird ganz schön unruhig, Wellen bilden sich mit kleinen Schaumkämmen. Unser guter ROCNA-Anker hält, nur wir tanzen um den Anker 😉 . Einzig unsere Batterien freuen sich über den Sturm – der Windgenerator lädt und lädt und lädt …. 🙂 .

37,3 kn oder 8 Bft Wind – wir haben in Spitzen mehr als 40 kn Wind gemessen

Trübe Aussichten – Fähranleger

Am späten Nachmittag wird es wieder ein bisschen ruhiger – mal schauen für wie lange. Wetterwelt und Stornoway Coastguard sind sich so gar nicht einig, was die Wettervorhersage angeht. Der eine verspricht weniger Wind und schönes Wetter, der andere droht mit gale force 8 🙁 .

Dieser Beitrag wurde unter 2017 - Schottland veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.