Fair Isle – Lerwick/Shetland´s

Mittwoch, den 11.05.2016
NE 4 Bft – 59sm – 10h 50min – Ø 5,5kn – gesamt: 845sm

Fair Isle - Lerwick

Fair Isle – Lerwick

Der Nebel hat sich über Nacht verzogen – die Sonne scheint von einem strahlend blauen Himmel. Trotzdem haben wir nur 9°C.

Um von Fair Isle zu den Shetland´s zu segeln, sind gefühlt tausend Dinge zu beachten. Da ist zum einen die starke Strömung mit den Overfalls nördlich von Fair Isle, zum anderen die noch viel stärkere Strömung um Sumburgh Head mit Overfalls und gefährlichen Turbulenzen bei Wind gegen Strom an der Südküste der Shetland´s. Stillzeit gibt es an dieser Stelle nur für einige Minuten, dann dreht der Strom und es geht in die andere Richtung weiter. Das Seestück dazwischen, ca. 20sm, wird auch „The Hole“ genannt. Bei schlechtem Wetter herrschen dort sehr schlechte Seegangsverhältnisse. Auch hier setzt die Strömung wieder von SE nach NW oder von NW nach SE.

Bevor wir uns die richtige Zeit zum Ablegen ausrechnen, müssen wir erst mal entscheiden, ob wir nach Scalloway auf der Westseite der Shetland´s segeln – ein sehr guter Ausgangshafen, um später zu den Färöern zu segeln, oder ob wir lieber nach Lerwick, der Hauptstadt der Shetland´s mit all ihren Annehmlichkeiten segeln, die aber auf der Ostseite der Shetland´s liegt. Da der Wind aus Nordost kommt, kommt er uns genau entgegen, wenn wir nach Lerwick segeln würden – also ein Kreuzkurs. Nach Scalloway können wir vielleicht hoch am Wind segeln. Also nach Scalloway!

Der Kapitän der Fähre von Fair Isle rät uns, drei Stunden nach Hochwasser Dover auszulaufen, dann beginnt der westsetzende Strom. Fünf Stunden vor dem nächsten Hochwasser soll lt. unserer „Segler-Bibel“ dem Reeds Almanach der Strom bei Sumburgh Head kurz stillstehen, um dann für kurze Zeit um die Südspitze der Shetland´s an beiden Seiten nach Norden zu strömen und dann mit Macht wieder nach Südosten. Ganz schön kompliziert. Wir haben nur vier Stunden, um von Fair Isle die 20sm bis zur Südspitze der Shetland´s zu segeln.

Um 05:00 Uhr sind wir unterwegs. Segel setzen wir erst mal nicht, denn nach der Hafenausfahrt geht der Tanz auf dem Wasser los. Die Strömung auf der Nordseite der Insel hat uns voll im Griff. Die Wellen sind hoch und konfus und schütteln uns ganz schön durch. Unter Motor fahren wir, bis sich der Seegang beruhigt, dann setzen wir Segel und versuchen, Sumburgh Head anzulegen. Das funktioniert wegen des nordwestlich setzenden Stroms und Wind aus Nordost überhaupt nicht. Wir segeln hoch am Wind und werden so versetzt, dass wir eigentlich die Färöer anlaufen könnten 😉 . Aber wir sind schnell, viel zu schnell für unsere Berechnungen, wann wir am Sumburgh Head sein müssen. Wir sind zu früh! Die Strömung läuft immer noch mit Macht von Ost nach West um Sumburgh Head herum. Wir rechnen neu und entscheiden, dass wir doch nach Lerwick segeln. Wir können jetzt gegen Wind und gegen Strom außerhalb des Races von Sumburgh Head segeln. Das funktioniert prima – wir sind immer noch schnell. Passend zur kurzen Stillzeit haben wir alle Turbulenzen, Overfalls und Races umsegelt, wenden und segeln östlich der Shetland´s Richtung Kirkwall. Und der Strom zieht uns mit nach Norden 🙂 . Was für ein Glück – geplant war das so alles nicht und vorhersehbar sowieso nicht. Wir haben einfach zur richtigen Zeit neu überlegt und neu entschieden. Leider zeigen unsere beiden Navigationsprogramme unterschiedliche Strömungen für den gleichen Ort an, die auch nicht mit den Angaben im Reeds Almanach übereinstimmen und in der Realität nochmal ganz anders sind. Für eine verlässliche Planung irgendwie unbrauchbar!

Eigentlich sind wir ja nicht unerfahren, was Gezeitensegeln betrifft. Bei den Kanalinseln Alderney, Gernsey und Jersey herrschen auch schwierige Strömungsverhältnisse – das Race of Alderney gilt als höchst gefährlich, wenn man dort zur falschen Zeit durchsegelt. Dort sind wir schon einige male gewesen und sind immer gut klargekommen. Nur geht die Strömung entweder mit oder sie kommt entgegen. Darauf kann man sich gut einstellen. Hier verläuft die Strömung immer diagonal zu unserem Kurs, dazu kommen die besonders starken Strömungsverhältnisse und Overfalls an den Nord- und Südspitzen der Inseln. Und die Distanzen sind ziemlich groß. Meistens erreicht man mit einer Tide nicht das nächste Ziel. Ein ganz schön anspruchsvolles Segelrevier. Wir lernen hier im Moment jeden Tag ein bisschen dazu und Spaß macht es auch. Eine ganz schöne Herausforderung!

Lerwick erreichen wir nach einem so nicht geplanten, aber wirklich sehr schönen Segeltag. Im Hafen liegen schon zwei Norwegische Segelboote – für die Norweger sind die Shetland´s fast Heimatrevier. Es sind nur ca.170sm von Bergen nach Lerwick 😉 .

Lerwick

Lerwick

Wir freuen uns über einen schönen Liegeplatz am Schwimmsteg mit Strom für die Heizung und Wasser, um die Salzkruste von unserer Ruby Tuesday zu spritzen. Hier warten wir auf das nächste passende Wetterfenster, um zu den Färöern weiter zu segeln.

Ansteuerung Lerwick

Ansteuerung Lerwick

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