Montag, 27.07.2015
NE 6 Bft – 3,9 sm – 0h 57min – Ø 4,1 kn – gesamt: 2.452,8 sm
So schön, wie der gestrige Tag endet, so unangenehm beginnt der heutige Tag. Wir wollen gerade in aller Ruhe frühstücken und die Tageszeitungen der letzten Tage mal lesen, da beginnt es pfeifen mit z. T. 27 kn direkt in die Ankerbucht. Unsere Ruby Tuesday hängt in der Ankerkette – die ist gestrafft, wie ein Flitzebogen. Mal pendeln wir nach rechts, dann wieder nach links. Dumm nur, dass links die Felsen des Ufers ziemlich nahe kommen. 15 Meter, vielleicht 20 Meter haben wir noch – zu wenig, um zu reagieren, sollte der Anker slippen oder ausbrechen.
Blitzstart ist angesagt – Peter macht schon mal den Motor an, nur für alle Fälle, ich räume unten alles seefest auf und schon kann es losgehen. Obwohl wir den Anker gestern gut eingefahren haben und er auch heute morgen bei den starken Böen gut gehalten hat, haben wir kein gutes Gefühl, so nah vor den Felsen rumzuschwojen. Sobald wir hinter Straumøya aus der Ankerbucht herauskommen, bekommen wir die volle Welle, die in den Fjord steht, mit. Schnell rollen wir die Genua aus – der Wind kommt für uns halb, später raum – und schon bewegen wir uns viel ruhiger, als unter Motor.
In gutem Abstand segeln wir an den Bergen von Flakstadøya Richtung Südwesten, umrunden die südliche Spitze und segeln mit viel Welle in den Nusfjord.
Bereits in der Einfahrt des Fjordes wird es ruhiger, dann sind Wind und Welle ganz weg. Etwas weiter im Fjord sehen wir schon den kleinen Fischerhafen Nusford.
Jetzt wird es noch mal spannend – es gibt nur ganz wenige Liegeplätze im Hafen und noch können wir nicht sehen, ob ein Platz frei ist.
Wir haben Glück, es liegen nur zwei Motorboote im Hafen, ein Steg ist für uns noch frei. Um 10:00 Uhr sind wir schon in Nusfjord fest!
Nusfjord ist Norwegens ältestes und besterhaltenes Fischerdorf. Nachdem die Lofotenfischerei Ende der 50er Jahre ihre beste Zeit hinter sich gelassen hatte, verfiel dieser kleine Ort immer mehr, bis er vor einigen Jahren von einem privaten Investor wieder in Stand gesetzt wurde. Jetzt ist Nusfjord ein Museumsdorf mit Hafen, Rorbuern, mehreren original erhaltenen Gebäuden von 1877, einem Cafe´und einem Landhandel. Wer von Land kommt, muss 50 NOK (6,50 Euro) Einritt bezahlen, für die Segler und Motorbootfahrer ist der Eintritt in den Liegegebühren enthalten.
Wir liegen mitten im Museumsdorf wirklich schön hier. Links von uns ist in fast greifbarer Nähe ein Felsen mit Möwennestern und einem irren Spektakel der Möwen. Na ja, solange sie nicht auf unsere Ruby Tuesday sch… 😉 .
Vor uns auf einem Felsen ist die ehemalige Lebertrandampferei, in der jetzt ein kleines Museum untergebracht ist. Dort wird auch ein Film über das Leben der Fischer „gestern und heute“ gezeigt. Die alte Bäckerei, das Sägewerk, ein Bootsschuppen, die Schmiede und die Räucherei können wir uns ansehen.
Nach unserem Rundgang sitzen wir im Cockpit und stellen fest, dass wir wohl selbst Teil dieses Museums geworden sind. Immer wieder bleiben die Besucher stehen, gucken und fotografieren uns. Als es uns zu blöd wird, machen wir einfach die Kuchenbude zu – frei nach dem Motto der kleinen Kinder: Mach ich meine Augen zu, bist du nicht mehr da 🙂 .
Auch heute kann ich Peter nicht wirklich überzeugen, mit mir den Küstenwanderweg nach Nesland zu laufen. Ganz selbstlos bleibt er an Bord, da ja einer auf unser Schiff aufpassen müsse, damit es nicht auch noch besichtigt wird 🙂 . So laufe ich denn alleine los – man muss ja auch nicht immer alles zusammen machen 🙂 und stoße nach einem Kilometer auf die Beschreibung des Weges: Der Küstenweg ist der alte Fischerstieg, den die Fischer nach einer Woche arbeiten und fischen in Nusfjord gewandert sind, um nach Hause zu kommen.
Der Weg ist ca. 6 km lang, also nicht viel für eine Nachmittagswanderung. Es geht auch heute immer wieder bergauf und bergab, auch mal durch sehr feuchtes und schlammiges Gelände und immer wieder öffnet sich der Blick zum Vestfjord.
Zur anderen Seite steigen die Berge steil hoch.
Ein schöner Wanderweg, wenn auch lange nicht so spektakulär, wie die Wanderung in Ballstad. Am Ende des Trails kann man auf den kleinen Ort Nesland gucken – einige schöne Häuser und ein paar Rorbuer.
Als ich im Ort ankomme und auf die Galerie zusteuere, sehe ich zu meiner Freude endlich mal ein weißes Festzelt – Vikingerfest in Nesland. Leider schon vorbei. War gestern und vorgestern. Wie machen das nur Michaela und Jörg in Dänemark, für die in jedem Hafen nur die besten Künstler zur musikalischen Erbauung engagiert werden 😉 .
Gegen sieben Uhr bin ich fast wieder zurück. Die Sonne läßt die Lofoten und die Berge auf dem Festland wieder in ganz besonderem Licht strahlen.