Freitag, den 26.06.2020 – Donnerstag, den 02.07.2020 SW 5-7 Bft – 839sm – Ø 5,6kn
Schon in den letzten Wochen verfolgen wir das Wetter in der Biskaya sehr genau – es ist gar nicht so einfach ein akzeptables Wetterfenster mit Wind aus der passenden Richtung für drei Tage zu finden 🙁 , um gut über die Biskaya zu kommen. Entweder kommt der Wind aus Nord – genau dahin wollen wir segeln, oder es ist Flaute oder es zieht mal wieder ein Sturmtief über die Biskaya. Alles nichts für uns, um uns auf den Weg nach Hause zu machen 😉 .
Wir planen, über die Biskaya bis zur Ilé d´Ouessant und dann weiter in den Englischen Kanal zu segeln. Stoppen wollen wir in Frankreich, Belgien oder Holland nur, wenn es zu stürmisch wird oder Flaute ist. Tolle Wünsche 😉 – ob die sich wohl erfüllen lassen?
Schon Anfang der Woche, als wir in Spanien ankommen, zeichnet sich ein passendes Wetterfenster ab – Freitag könnten wir mit wenig Wind starten, der dann in der Nacht zu Samstag schon eher frischer werden soll, um dann recht moderat weiter zu wehen. Wir könnten am Rande eines Tiefs, das über Irland und England wegzieht, mit Wind aus Südwest, später aus West Richtung Norden segeln. In Höhe der Ilé d´Ouessant würde es dann noch mal richtig windig, sollte sich das Tief nicht weiter nach Norden verlagern. Stimmt die Wettervorhersage, würde uns der Wind in den Englischen Kanal schieben. Windstärken zwischen 5 und 7 Bft, Windrichtung aus Südwest bis West – alles Bestens für einen Kurs mit raumem Wind 🙂 . Nur – bis Freitag ist noch lang und da kann sich an der Wetterlage noch so einiges ändern.
Tatsächlich bleibt die Wettervorhersage im Groben so, wie wir sie schon seit Montag beobachten – es sieht alles danach aus, als wenn wir in einem Rutsch nach Hause segeln könnten 🙂 .
Freitag Morgen um 07:00 Uhr legen wir mit unserer Ruby Tuesday in Avilés ab und starten die ca. 830 sm lange Rückreise nach Urk im Ijsselmeer 🙂 . Mit viel Respekt vor der Biskaya verlassen wir die Ria de Avilés und haben erst mal ziemlich wenig Wind. Das ist auch gar nicht so schlecht, denn wir sind 9 Monate nicht gesegelt und müssen uns erst mal wieder an die Schiffsbewegungen gewöhnen.
Das Wetter ist toll, die Sonne scheint, Delfine begleiten uns immer wieder durch den Tag.
Nach 11 Stunden, in denen uns 8 Stunden der Motor weitergebracht hat, erreichen wir die Ausläufer des Tiefs mit endlich richtig segelbarem Wind. Für die Nacht bereiten wir uns auf viel Wind vor, wir reffen das Großsegel und binden das 2. Reff ein. Innerhalb von Minuten legt der Wind von 5kn auf 25kn zu – ab geht die Post. Welch ein Spaß – unsere Ruby Tuesday läuft und läuft und läuft …. smooth setzt sie in die nun doch höher werdenden Wellen ein 🙂 .
Im Laufe der Nacht nehmen Wind und Welle wie vorhergesagt zu. Der Wind weht aus SW meistens mit 30kn, in der Spitze auch schon mal 34kn, das aber wirklich nur in Böen. Es ist dunkel, kein Mondlicht schimmert wenigstens ein bisschen auf den Wellen, so dass wir die anrauschenden Wellen nur hören, nicht aber sehen. Erst gegen Morgen nimmt der Wind etwas ab und weht meistens mit 25kn. Das Etmal unseres ersten Tages (Freitag, 07:00 Uhr bis Samstag 07:00 Uhr) beträgt 126sm, wir sind mit durchschnittlich 5,3kn unterwegs. Jetzt bei Tageslicht können wir die Wellen denn dann auch sehen 😉 . Die Wellenhöhe ist wie immer schlecht zu schätzen, wir empfinden sie aber als hoch. Zumindest die „drei Schwestern“ die regelmäßig über uns her fallen, sind höher als die vorhergesagten 2,80 Meter 🙁 . Das ist jetzt nicht mehr wirklich Genusssegeln, sondern die Bewegungen an Bord werden ziemlich anstrengend.
Im Laufe des Samstags beruhigen sich Wind und Welle – Wind um 20kn aus Südwest bescheren uns angenehmes Segeln und flottes Vorankommen 🙂 . Die Sonne scheint, es ist angenehm warm – wir freuen uns, dass es bis jetzt so gut läuft 🙂 . Die zweite Nacht ist sternenklar und der Mond scheint nun auch. Der Wind weht weiter aus SW, immer knapp unter 20kn. Tolles Segeln! Das Etmal unseres zweiten Tages (Samstag, 07:00 Uhr bis Sonntag 07:00 Uhr) beträgt 138sm, wir sind mit durchschnittlich 5,5kn unterwegs und sind bisher 264sm gesegelt.
Das Tiefdruckgebiet zieht anders als vorhergesagt nördlicher über England weiter, so dass wir Sonntag Mittag bei der Ilé d´Ouessant nur noch 18kn Wind haben 🙂 und nicht 30kn, mit denen wir gerechnet hatten.
Wir segeln nicht durch den Chenal du Four zwischen der Ilé d´Ouessant und dem Festland, da uns dort jetzt die Strömung entgegen kommt. Wind gegen Strom macht nicht wirklich Spaß und ist hier durch Overfalls und Wirbel eher unangenehm bis gefährlich. Und ein Ankerplätzchen zum Warten auf die richtige Strömungsrichtung bietet sich dort auch nicht an. Wir passieren daher die Ilé d´Ouessant westlich, werden aber auch hier durch starke Strömung und hohe, sich brechende Wellen reichlich durchgeschüttelt. Obwohl wir 18kn raumen Wind haben, machen wir nur noch 1,9kn Fahrt über Grund. Strömung und konfuse Wellen bremsen uns ganz schön aus 🙁 . Aber auch dieser Spuk ist irgendwann vorbei und hört auf, als wir Kurs in den Englischen Kanal nehmen.
Da wir jetzt überwiegend den Wind von achtern haben werden, nehmen wir das Großsegel runter und segeln nur noch unter Genua weiter – eine Wohltat, wie ruhig unsere Ruby Tuesday nun ihren Kurs segelt 🙂 .
Wir haben wirklich Glück mit Wind und Wetter – Sonnenschein und weiterhin Wind um 25kn aus Südwest. So rauschen wir an der Französischen Küste entlang Richtung Channel Islands. Auch die 4. Nacht beschert uns um 25kn Wind und eine Welle, von der wir auch gerne mal runter surfen 🙂 . Das 3. Etmal (Sonntag, 07:00 Uhr bis Montag 07:00 Uhr) beträgt 128sm, wir sind mit durchschnittlich 5,4kn unterwegs und sind bisher 392sm gesegelt.
Alderney ist unser nächster Wegpunkt. Wir mögen die Kanalinseln sehr und entscheiden kurzfristig, hier für ein paar Tage einen Stopp einzulegen. Bevor wir am Montag Mittag den Hafen von Alderney anlaufen, funken wir mit der Coastguard und erfahren, dass alle Kanalinseln für ausländische Boote geschlossen sind – Corona halt. Schade 🙂 – ein paar Tage Alderney, ankern vor Sark und das lebhafte Guernsey hätten wir schon gerne auf unserem Törn nach Hause noch mitgenommen 😉 .
Mit passender Tide passieren wir das Race of Alderney und das Cap de La Hague und nehmen Kurs auf Calais. Wind zwischen 24kn und 28kn aus Südwest bringt uns schnell voran, durch die Landabdeckung der französischen Küste sind die Wellen nicht mehr so hoch. In Höhe von Cherbourg kommt der Französische Zoll auf uns zu, fragt nach dem Woher und Wohin und nach der Anzahl der Personen an Bord. Das kennen wir schon 😉 – fast jedes mal, wenn wir hier entlang segeln, sind wir bis jetzt kontrolliert worden. Mal mit Beamten an Bord, mal nur über Funk und auch schon mal von einem Hubschrauber. Heute reichen den Zollbeamten unsere Angaben über Funk nicht, sie bitten an Bord kommen zu dürfen – bei 26kn Wind, Welle von hinten und 7-8kn Fahrt ein ambitioniertes Unternehmen 😉 . Wir bleiben im Cockpit sitzen und begucken uns die akrobatischen Einlagen der beiden Beamten, die sich von einem Dinghi zu uns an Bord hangeln. Geht alles gut – haben die wohl schon öfter gemacht 😉 .
Wir haben eine unterhaltsame Stunde mit den Beiden bei uns an Bord. Einer der Beamten ist auch Segler – er interessiert sich hauptsächlich für unsere Ruby Tuesday und die Navigationstechnik. Eher nebenbei werden unsere Personalien und Bootspapiere kontrolliert.
Zum Schluss kommt noch die obligatorische Frage, ob wir Zigaretten, Alkohol oder Drogen an Bord hätten. Haben wir natürlich nicht! Eine kurze Führung durch das Schiff – und schon sind die Beiden wieder in das Dhingi gehüpft und bleiben in unserem Kielwasser. Falls uns der Französische Zoll auf diesem Törn noch mal kontrollieren sollte – wir haben eine offizielle Unbedenklichkeitsbescheinigung bekommen, die wir dann vorzeigen sollen 😉 .
Das Wetter soll schlechter werden, es ist Regen angesagt. Wir schließen unsere Kuchenbude, das Großsegel haben wir ja schon lange geborgen. Nur unter Genua, wind- und regengeschützt in der Kuchenbude geht es entspannt mit 25kn durch die 4. Nacht 🙂 . Wir segeln parallel zum Verkehrstrennungsgebiet. Mit der Tide haben wir auch hier wieder großes Glück. An Boulogne-Sur-Mer rauschen wir nur so vorbei und auch das Cap Gris-Nez, an dem wir vor Jahren auf dem Weg zu den Kanalinseln gegen Wind und Strömung auch schon mal rückwärts gekreuzt sind 😉 , lassen wir mit 9,5kn Fahrt über Grund schnell hinter uns 🙂 . Wenn wir Tagesetappen segeln, können wir die Tide und damit den richtigen Abfahrtszeitpunkt berechnen, bei so einer langen Strecke ist man eher durch Zufall und ein bisschen Glück zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle – oder man muss halt rechtzeitig die Geschwindigkeit reduzieren oder beiliegen oder ankern oder …., um nicht gegen den Strom zu segeln. Hier hat´s gepasst 🙂 .
Morgens haben wir dann ein 4. Etmal (Montag, 07:00 Uhr bis Dienstag 07:00 Uhr) von 147sm, wir sind mit durchschnittlich 5,6kn unterwegs und sind bisher 539sm gesegelt.
Die Routine an Bord hat sich schnell schon zu Beginn unseres Törns eingestellt – alle 4 Stunden ist Wachwechsel, dazwischen nehmen wir uns immer auch gemeinsame Zeit zur Übergabe, zum Quatschen und zum Essen – nachts natürlich weniger, als tags 😉 . Wie immer gibt´s Obstsalat zum Frühstück, Brote zum Mittag und abends haben wir Auflauf, Pizza oder Nudeln – einiges unter sehr akrobatischen Verrenkungen zubereitet 😉 , einiges aber auch schon vor Abfahrt vorbereitet. Obwohl durch die Wellen immer noch viel Bewegung im Schiff ist, merken wir, dass wir uns immer selbstverständlicher an Bord bewegen. Ein bisschen pathetisch ausgedrückt 😉 , könnte man sagen, wir sind wieder eins mit unserer Ruby Tuesday. Automatisch, ohne nachzudenken, passen wir unsere Bewegungen den Schiffsbewegungen an 🙂 . Ein schönes Gefühl!
Viel los ist nicht auf dem Wasser. Wir haben das Gefühl, dass wir alleine unterwegs sind. Zwei andere Segler haben wir bisher gesehen, auch nur ganz wenige Frachter und Fischer kreuzen unseren Kurs. Besser so, als wenn viel Betrieb ist 😉 . Anders wird das, als wir in der Dover Strait sind – hier begegnen wir den Fähren, die zwischen Calais und Dover hin und her sausen und auch das Aufkommen an Frachtern im Verkehrstrennungsgebiet wird höher. Macht aber nichts, wir segeln außerhalb des Verkehrstrennungsgebiets durch die belgischen Sände, passieren Walcheren, Schouwen, das Scheldegebiet und queren vorschriftsmäßig 😉 die Maasmündung. Das alles bei immer noch 18kn – 25kn Wind aus SW, mäßiger Welle und Sonnenschein 🙂 .
Die Hafeneinfahrt von Ijmuiden passieren wir gegen 23:30 Uhr und sind um 00:00 Uhr an der Seeschleuse Ijmuiden. Die Seaport-Marina Ijmuiden ist für uns keine Alternative zum Weiterfahren – wir mögen die Marina nicht, noch weniger mögen wir das Stahlwerk, das direkt gegenüber der Marina liegt 🙁 . Um 00:30 Uhr sind wir im Nordzeekanaal, drei Stunden später fahren wir durch das wunderschön beleuchtete Amsterdam. Gerne wären wir bis in´s Ijsselmeer weitergefahren und dort weiter gesegelt, aber die Oranjesluizen und die Schellingwouderbrug in Amsterdam sind derzeit nachts wegen Corona geschlossen. Wir machen am Wartesteiger der Schleuse fest und können kaum glauben, dass wir schon fast zu Hause sind 🙂 .
Das letzte Etmal, das aber ja kein richtiges Etmal ist, da wir schon um 03:30 Uhr am Steiger liegen, beträgt 120sm, wir sind mit durchschnittlich 5,7kn unterwegs und sind bisher 794sm gesegelt 🙂 .
Donnerstag Morgen geht´s erst spät weiter – einige Boote sind schon durch die Schleuse gegangen. Die Sonne scheint immer noch, es ist warm und der Wind weht …. passend aus SW mit 18kn-25kn 🙂 . Wir wollen gegen jeden besseren Wissens nach Monnickendam – das Fahrwasser dort hin ist nur 2,10 Meter tief und wir haben einen Tiefgang von 1,90 Metern, gaaanz schlecht und noch schlechtere Seemannschaft 😉 . Aber unsere Freunde Michaela und Jörg liegen dort mit ihrer SY Soemarken und ein Treffen auf dem Markermeer mit Eskorte bis nach Monnickendam hat leider nicht geklappt. Wir haben einfach zu lange geschlafen 🙁 . Wir kommen tatsächlich wieder mal ohne Grundberührung in Monnickendam an – Peter ist schweißgebadet, dieses Stück Fahrwasser ist aufregender als der ganze zurückliegende Törn! In Monnickendam werden wir dann von Michaela, Jörg und deren Kindern und Enkelkindern in Empfang genommen, die für drei Wochen Sommerurlaub das Projekt „7 in einem Boot“ bisher sehr erfolgreich angehen 🙂 .
Wir verbringen schöne, kurzweilige Stunden miteinander und legen Freitag Morgen zu unserem letzten Schlag nach Urk ab – mit Wind aus SW, 25kn 🙂 – kennen wir nun ja schon 😉 .
Nach einer letzten Rauschefahrt machen wir nach 29sm in Urk fest – leider nicht in unserer Box, die ist besetzt, sondern mit auflandigem Wind an der Kade direkt am Parkplatz 🙁 .
Gibt wirklich bessere Liegeplätze bei dem vielen Wind, aber wir trotzen hier zwei Tage Sturm und Regen, bis wir uns am Montag auf unseren Liegeplatz verholen – Angekommen 🙂 .
794 Seemeilen am Stück, fast 6 Tage – von Avilés bis zu den Oranjesluizen in Amsterdam – so viel sind wir bisher noch nicht gesegelt. Es war ein toller Törn, Segeln vom Feinsten und fast wie im Rausch 🙂 . Weiter, weiter, immer weiter …. wir hätten noch Tage so weitersegeln können! Nach unseren Törns zum Nordkap und rund Island ist dieser Törn ein weiteres Highlight in unserem Seglerleben 🙂 . Wir sind uns aber auch sehr bewusst, dass wir den Törn nur deshalb so genießen konnten, weil alle Bedingungen optimal waren. Hätten wir weniger oder mehr Wind oder schlimmer, Wind gegenan gehabt, oder hätten hoch am Wind segeln müssen, hielte sich unsere Begeisterung vermutlich in Grenzen 😉 . Rückblickend haben wir das einzige für uns passende Wetterfenster erwischt, dass uns diesen traumhaften Törn ermöglicht hat 🙂 . Wären wir nicht am Freitag losgesegelt, wären wir immer noch in Avilés. Bis jetzt und auch für die nächsten Tage zeichnet sich kein passendes Wetter ab, um nur über die Bsikaya zu segeln. Es gibt bestimmt Schlimmeres, als noch ein paar Wochen in Avilés zu bleiben, ist aber nicht das, was wir wollten 😉 .
Und wie geht´s jetzt weiter? Der Törn über die Biskaya und durch den Englischen Kanal zurück nach Urk wird in diesem Jahr bestimmt das aufregendste Segelerlebnis sein 😉 . Wir werden in dieser Saison noch ein bisschen auf dem Ijsselmeer segeln, die holländischen Inseln besuchen, vielleicht mal nachts die Staande Mastroute durch Amsterdam fahren oder …. wir werden sehen, was Wind, Wetter, Enkelkindernachwuchs, Familie und Corona so möglich machen!