La Rochelle – Saint-Jean-de-Luz

Montag, den 12.08.2019 – Dienstag, den 13.08.2019
SW-W-NW-S-N-E-S-NW 1-5 Bft – 184 sm – 35h 46 min – Ø 5,1kn – gesamt: 1.230 sm

La Rochelle – Saint-Jean-de-Luz

Wir haben uns für’s Segeln entschieden –  und sind jetzt in Saint-Jean-de-Luz an der französisch-spanischen Küste in der süd-östlichsten Ecke der Biskaya im französischen Baskenland!

Leicht gefallen ist uns die Entscheidung nicht, aber das habe ich ja gestern schon geschrieben 😉 . Wir haben bis spät in den Abend immer wieder die Wettervorhersage gecheckt und passenden Wind förmlich herbeigeredet 😉 . Die Wetterlage ist überhaupt nicht stabil, drehende Winde von schwach und nicht segelbar bis frische Brise zum flotten Vorankommen. Und die Wettervorhersage ändert sich ständig 🙁  – nicht mal für drei Tage bekommen wir eine annähernd verlässliche Vorhersage.

Die aktuelle Wettervorhersage von heute morgen 06:00 Uhr sagt uns für heute voraus: Wind aus W 4-5 Bft, später aus NW 4-5 Bft, ab Dienstag Nacht 01:00 Uhr kaum Wind aus S und Nord und ab Dienstag Morgen wenig Wind aus Ost, später dann wieder aus NW. Tolle Aussichten für unseren Kurs nach Süd 😉 . Trotzdem fahren wir los, wollen so weit wie möglich segeln, solange der Wind passend weht und später so viel Geduld wie möglich mit dem nicht vorhandenen Wind haben und trotzdem möglichst ohne viel Motoreinsatz zum Ziel zu kommen. Die Gironde-Mündung wollen wir nicht anlaufen und das Becken von Arcachon werden wir vermutlich im Dunkeln passieren, so dass wir auch hier nicht reinsegeln werden.

Um kurz nach sieben – ich muss vorher noch zum Bäcker die nötige Verpflegung kaufen und der öffnet erst um 07:00 Uhr 😉  – sind wir unterwegs. Wir haben ablaufendes Wasser im Fahrwasser von La Rochelle, nur noch gut zwei Stunden sind es bis Niedrigwasser. Die geringste Tiefe, die unser Lot anzeigt, sind 3,20 Meter – nicht viel, aber genug 😉 . Als wir im tiefen Wasser sind, setzten wir die Segel und unser langer Schlag nach Saint-Jean-de-Luz kann beginnen – zumindest das Wetter ist optimal – warm und sonnig 🙂 .

Vier Kreuzschläge brauchen wir, bis wir den Norden der Île d’Oleron an Backbord liegen lassen und auf Kurs Süd gehen können. Der Wind weht wie vorhergesagt aus West, wir trimmen die Segel und gehen zum gemütlichen Teil über – frühstücken, relaxen, lesen 🙂 . Da nur eine dänische X-Yacht mit uns in die gleiche Richtung segelt, keine anderen Segelboote weit und breit zu sehen sind und auch keine Gefahren im Wasser lauern, geht das gut. Unmerklich nehmen Wind, Dünung und Welle immer mehr zu – schnell sind wir bei 17-20kn, das sind 5 Bft. Wir rauschen nur so durch die Wellen – Fahrt durchs Wasser machen wir meistens um die 8-8,5 kn, über Grund etwas weniger, da die Strömung noch gegenan kommt. Einmal in Fahrt gekommen, läuft unsere Ruby Tuesday richtig gut. Wir haben aber auch einen guten Windwinkel – 70 Grad, manchmal 80 Grad – das passt prima. Als der Wind mehr und mehr zunimmt, setzen wir unser Großsegel nach Lee, zum Reffen ist es noch zu früh und rollen die Genua ein bisschen ein. So sausen wir durch den Tag, später dann durch die Nacht. Bis auf den Dänen sehen wir keine anderen Boote und auch den lassen wir mehr und mehr in unserem Kielwasser. Bevor es dunkel wird, nehmen wir unser Großsegel noch rein – der Wind kommt jetzt mehr raum und soll später ganz von hinten kommen, da segelt unsere Ruby Tuesday viel besser nur mit der Genua. Und die ist mit 140 Prozent nicht gerade klein 😉 .

Schlagartig um 01:00 Uhr lässt der Wind nach – wir versuchen weiter zu segeln, aber das funktioniert überhaupt nicht. Die Dünung und die Wellen sind hoch, aber ohne Wind schlagen die Segel ohne Ende. Unter Deck hört es sich an, als wenn es unsere Ruby Tuesday zerreißt. Während der Nacht dreht der Wind von NW auf S und wieder auf N, nimmt auf 1 Bft ab, dann wieder auf 2 Bft zu. Immer wenn es möglich ist, segeln wir, drei mal aber muss der Motor für ein paar Stunden helfen, trotz aller Geduld geht nichts mehr – 1 Bft von hinten reicht einfach nicht zum Segeln. Erst morgens gegen 10:00 Uhr pendelt sich der Wind auf 3 Bft aus Ost ein – Groß und Genua bringen uns eine ganze Zeit zügig weiter nach Süden.

Sonnenaufgang unterwegs

Aus heiterem Himmel werden wir über Funk von der Französischen Marine angesprochen. Es ist nirgendwo ein Schiff zu sehen, aber im Funk ist die Marine gut zu hören. Ein bisschen Herzklopfen bekommen wir, denn wir befinden uns mitten in einem riesigen Schießgebiet. Bevor wir in das Schießgebiet eingelaufen sind, hab ich versucht, bei der in unserem Törnführer angegebenen Telefonnummer zu erfragen, ob das Schießgebiet im Moment aktiv ist. Es wollte aber niemand mit mir sprechen – nur der Anrufbeantworter 😉 . Und den hab ich leider nicht verstanden 😉 . In gutem Glauben, dass uns schon niemand abschießen wird oder dass Patrouillenboote unterwegs sind und uns retten, segeln wir ab der Gironde-Mündung durch das Schießgebiet. Das reicht übrigens bis zur spanischen Grenze und ist ca. 35 sm breit – kann man also nicht so leicht umfahren. Nur direkt unter der Küste ist ein Korridor von ca. 1 sm, in dem man segeln kann, wenn im Schießgebiet tatsächlich geschossen wird. Wir fühlen uns von der französischen Marine irgendwie erwischt 😉 . Die haben aber nur ein paar Fragen an uns und wollen wissen, woher wir kommen, wohin wir wollen, welche Nationalität wir haben, wie viel Personen an Bord sind und wann wir vermutlich in Saint-Jean-de-Luz ankommen. Zum Schluss fragen sie noch, ob bei uns an Bord alles o.k. ist und wünschen uns einen schönen Trip – wieder mal super freundlich, die Franzosen und in einem sehr gut verständlichen Englisch lief der Funkverkehr ab 🙂 .

Wieder dreht der Wind, diesmal auf N, dann auf NW und ist mit 2 Bft auch nicht zu stark 😉 . Am Horizont im Dunst können wir Berge sehen – richtige Berge 🙂 . Die französische Küste ist von der Gironde-Mündung bis zum ersten Hafen im französischen Baskenland – Capbreton – bewaldet, flach und besteht fast nur aus Sandstränden – ziemlich eintönig. Die einzige Abwechslung ist das Becken von Arcachon mit der riesigen Sanddüne – die wir aber nicht sehen, da es dunkel ist, als wir dort vorbeikommen. Ab Capbreton wird die Küste bergiger – im Hinterland beginnen die französischen Pyrenäen. Der elitäre Badeort Biarritz zeichnet sich mit den weißen Hotelhochhäusern gut sichtbar am Horizont ab.

Biarritz

Auch die spanische Küste ist bergig – wir freuen uns auf die im Vergleich zur Bretagne jetzt wieder schroffere Landschaft 🙂 .

Socoa-Fort-Ruine mit Wellenbrechern, die die Bucht von Saint-Jean-de-Luz schützen

Küste vor Saint-Jean-de-Luz

Nach fast 36 Stunden lassen wir unseren Anker vor dem Badestrand von Saint-Jean-de-Luz fallen. Die Bucht ist durch einen künstlichen Wellenbrecher ganz gut gegen Schwell geschützt. Direkt westlich des Wellenbrechers unterhalb der Socoa-Fort-Ruine liegt der kleine trockenfallende Hafen Socoa und auch die dort ausliegenden Moorings sind für uns zu flach.

In der Bucht ist Badebetrieb angesagt – ein riesiger abgesperrter Badestrand mit Bewachung, Sprungtürmen und ganz vielen Sommergästen 🙂 . Saint-Jean-de-Luz ist nicht nur ein ursprünglicher, kleiner Fischerhafen im französichen Baskenland, sondern auch ein quirliger Badeort. Die Bebauung entlang der Badebucht unterscheidet sich sehr von den bretonischen Häusern und ebenso von den weißen Häusern mit der tollen Blumenpracht, die wir südlich der Bretagne gesehen haben. Im östlichen Teil der Badebucht stehen ähnlich wie in Biarritz weiße mehretagige Hotels, im westlichen Teil die typischen baskischen Fachwerkhäuser. Und im Hintergrund kann man die Pyrenäen sehen 🙂 . Ganz anders ist es hier – aber sehr schön!

Hafenansteuerung – aber da wollen wir erst Morgen rein

Sonnenuntergang mit Vollmond in der Bucht vor Saint-Jean-de-Luz

Socoa-Fort im Sonnenuntergang

Wir lassen den Abend gemütlich in der Bucht ausklingen und verlegen uns am Mittwoch Morgen in die kleine Marina von Saint-Jean-de-Luz, nicht ohne vorher beim Hafenmeister nach einem freien Liegeplatz zu fragen. Die kleine Marina hat nur 8 Gästeplätze und viel Raum zum Manövrieren ist dort nicht. Eigentlich dürften wir hier nur zwei Nächte bleiben – weiß der Teufel, warum – aber irgendwie gelingt es mir, dem Hafenmeister drei Übernachtungen abzuschwatzen 😉 . Das reicht, um heute Mittag mit dem Zug nach La Rochelle zu fahren und von dort über Land mit unserem Auto hierher zurück 🙂 .

Auf dem Weg in die Marina

Unser Liegeplatz für die nächsten drei Nächte

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