27.05.2019 – 03.06.2019
Wann unsere Ersatzteile kommen, wissen wir nicht wirklich, wir vermuten aber mal, dass es durch den Feiertag am Donnerstag bestimmt erst Freitag oder Samstag wird. Wir lassen uns die Zeit nicht lang werden đ .
Roscoff hat eine wunderschöne Altstadt, durch die wir bei wieder schönstem Wetter bummeln. Viele der alten GranitsteinhĂ€user sind mit aufwendigen und phantasievollen Steinmetzarbeiten verziert. Wohlstand erreichte Roscoff durch Kolonialhandel, aber auch durch SeerĂ€uberei – Roscoff wird auch die Stadt der Korsaren genannt.
Ganz auffallend ist der Kirchturm der Notre-Dame-de-Kroaz-Batz – ĂŒber fĂŒnf Etagen bilden nach oben immer kleiner werdende RundtĂŒrme den Kirchturm. Die Glocken darin sind frei sichtbar.
Viel Leben ist in der Stadt noch nicht, viele Lokale sind noch geschlossen und auch die SchlaglĂ€den sind an vielen HĂ€usern noch zu. Wir finden an einem belebteren Platz eine geöffnete CrĂȘperie und lassen uns dort CrĂȘpes mit Schokolade-Mandeln und Karamel-Salzbutter schmecken. Echt lecker đ .
Eine lange Wanderung ĂŒber den Bretagne-KĂŒstenweg fĂŒhrt mich nach Carantec.
Ăber schmale Wege, durch Wiesen und an GemĂŒsebeeten entlang, mal ein bisschen bergauf, mal ein bisschen bergab, immer aber mit einer tollen Sicht auf die Bucht von Morlaix laufe ich vorbei an St-Pol-de-LĂ©on, ĂŒberquere den PĂ©nze und erreiche nach vier Stunden Carantec.

St-Pol-de-LĂ©on – man sieht den ehemals starken katholischen Einfluss – eine Kathedrale und der höchste Kirchturm der Bretagne
Die Gegend um Roscoff ist der GemĂŒsegarten der Bretagne – durch das milde Klima des Golfstroms und sehr fruchtbaren Boden wachsen hier besonders gut viele GemĂŒsearten. Unterwegs sehe ich grĂŒne und lila Artischocken, Fenchel und Kartoffeln.
- GrĂŒne und …
- … lila Artischocken
Besonders bekannt und wohl auch sehr schmackhaft sind die rosa Roscoff-Zwiebeln – zu Beginn des 20. Jahrhunderts sind viele junge Landwirte mit ihren Zwiebeln nach England gesegelt und haben diese dort verkauft, um sich ihr Ăberleben zu sichern – die jungen MĂ€nner wurden Johnnies genannt. Ein Museum – das Maison des Johnnies et de l’oignon de Roscoff erzĂ€hlt die Geschichte der Johnnies. Leider ist es geschlossen, als wir uns dort alles ansehen wollen đ .
Die Ausblicke auf die Bucht von Morlaix mit ihren vielen kleinen Inseln sind faszinierend. Wie schön wĂ€re es, wenn wir dort problemlos ankern könnten – das geht kaum, denn bei Niedrigwasser fallen viele schöne Stellen trocken und die anderen, die nicht trocken fallen, sind sehr weit vom Land entfernt. So bleibt nur die Aussicht đ .
Carantec ist ein französicher Badeort, der erst im Juli und August wiederbelebt wird đ . Die meisten HĂ€user entlang der Halbinsel mit den vier schönen StrĂ€nden sind noch nicht bewohnt. Nur im Ortszentrum, wo die einheimischen Franzosen leben, ist etwas mehr los. In der Hauptsaison brummt es hier bestimmt.
FĂŒr den langen Weg zurĂŒck nach Roscoff habe ich keine Kondition mehr – ich nehme den Bus, der hier auch tatsĂ€chlich fĂ€hrt – fast pĂŒnktlich mit 25 Minuten VerspĂ€tung đ .
Bei sehr durchwachsenem Wetter wollen wir uns das Johnnies-Museum ansehen, das aber trotz anderer AnkĂŒndigung an der TĂŒre geschlossen ist. Auch den Markt, der in Roscoff stattfinden soll, finden wir nicht. Kein Wunder, wir sind nachmittags in Roscoff, der Markt war vormittags – dumm gelaufen đ . Wo bekomme ich denn jetzt die Roscoff-Zwiebeln her?
In den letzten Tagen hatten wir ziemlich viel Wind aus West, auch jetzt pfeift es wieder durch den Hafen – wahrscheinlich wĂ€ren wir auch ohne, dass wir auf die Ersatzteile fĂŒr unsere Lichtmaschinen warten mĂŒssen, hier geblieben.
FĂŒr Freitag zwischen 08:00 Uhr und 18:00 Uhr ist die Lieferung der Ersatzteile angekĂŒndigt. Da mĂŒssen wir ja genau ĂŒberlegen, ob wir noch nach Morlaix mit dem Bus fahren und auch noch die Ăle de Batz nördlich von Roscoff mit dem Ausflugsdampfer besuchen können đ . Mit unserer Ruby Tuesday ist es kaum möglich, vor der Ăle de Batz zu ankern – wieder mal zu flach, oder wir mĂŒssen uns die Insel sehr schnell ansehen – zwei Stunden vor bis zwei Stunden nach Hochwasser sollte die Wassertiefe auch fĂŒr uns reichen đ .
Nach Morlaix sind wir bei sehr durchwachsenem Wetter mit dem Bus gefahren – ein Ticket kostet pro Person 2 Euro đ . Da bekommt man in Essen noch nicht einmal eine Kurzstrecke fĂŒr đ . 45 Minuten sind wir unterwegs, dann sehen wir schon das Viadukt von Morlaix.
In nur zwei Jahren wurde es von 1861 bis 1863 von 2.000 Arbeitern gebaut – 11.000 Tonnen Granit, 74.000 Tonnen Sand, Erde und Kies, 2.500 mÂł Wald und 43 Tonnen Eisen verbaute man dafĂŒr. Das Viadukt ist 58 Meter hoch und 292 Meter lang und wird auch heute noch von der französischen Eisenbahn befahren. In der unteren Etage des Viadukts fĂŒhrt ein FuĂweg durch die Bögen mit einem tollen Ausblick ĂŒber Morlaix đ .
Morlaix war in frĂŒheren Zeiten eine der gröĂten StĂ€dte Frankreichs und durch die gĂŒnstige Lage am RiviĂšre de Morlaix ein wichtiger Seehafen. Die Westindische Companie grĂŒndete hier im 18. Jahrhundert eine Tabakfabrik – die GebĂ€ude stehen auch heute noch, werden aber nach einem Brand schon lĂ€ngere Zeit renoviert. Die Stadt hat wunderschöne alte HĂ€user, die aber leider zum Teil ganz schön heruntergekommen oder verfallen sind – schade đ .
Viel los ist heute wegen des Feiertages nicht – die GeschĂ€fte sind alle geschlossen, selbst die CafĂ©s sind zu. Wir machen einen Rundgang durch die Stadt und fahren dann mit dem Bus wieder zurĂŒck nach Roscoff. Eigentlich wollen wir noch in St-Pol-de-LĂ©on aussteigen, um dort die Kathedrale und den höchsten Kirchturm der Bretagne anzuschauen, aber die Stadt wirkt ganz verlassen. Also fahren wir weiter und sind schon recht frĂŒh wieder auf unserer Ruby Tuesday.
Die Ăle de Batz steht ja noch auf unserem Ausflugsprogramm – heute ist das Wetter perfekt dafĂŒr – Sonne und blauer Himmel und richtig warm. Irgendwann zwischen 08:00 Uhr und 18:00 Uhr soll unser PĂ€ckchen kommen – so schreiben DHL und auch Chronopost. Wir sind gespannt đ . Erstmal reihen wir uns in die lange Schlange der Touristen ein, die alle die Ăle de Batz besuchen wollen đ .
Mit dem Ausflugsdampfer werden wir in 15 Minuten von der LandungsbrĂŒcke im alten Hafen in Roscoff zur Ăle de Batz gefahren.

Transport von Algen – am Hafen kann man eine Ausstellung „Von der Ernte bis zum fertigen Produkt“ besichtigen
Die vielen Touristen verlaufen sich schnell und so machen wir meistens alleine einen Spaziergang ĂŒber die Insel. Schön ist sie, aber lange nicht so schön, wie die Ăle de BrĂ©hat. Hier fehlen die vielen, ĂŒppigen Blumen und die typischen bretonischen HĂ€user.
DafĂŒr gibt’s hier jede Menge Landwirtschaft – ĂŒberall wird GemĂŒse angebaut. Auf dem RĂŒckweg kann ich dann auch noch die Roscoff-Zwiebeln kaufen – traditionell zu einem Zopf geflochten đ .
ZurĂŒck im Hafen erleben wir dann eine herbe EnttĂ€uschung – unser PĂ€ckchen ist wegen Unstimmigkeiten in der Adresse nicht angekommen đ . Chronopost teilt mit, dass sich die Lieferung um 24 Stunden verzögern wird, vielleicht aber auch erst am 03.06.2019 ankommt – oder vielleicht auch gar nicht? DHL schreibt nur, dass Unstimmigkeiten in der Adresse sind, sonst nichts weiter. Die Stimmung sinkt gerade irgendwie auf den Nullpunkt đ .