Dienstag, den 01.05.2018 – Mittwoch, den 02.05.2018
W-SW-SSW-SSE-SE-SSW 4-6 Bft – 87 sm – 18h 47min – Ø 5,2kn – gesamt: 267 sm
Was wir gestern schon nicht mehr geglaubt haben, trifft heute ein – die Sonne scheint wieder 🙂 und der Wind hat sich auf annehmbare 4 Bft eingependelt. Wieder brüten wir über Wetter- und Strömungskarte und versuchen, den richtigen Zeitpunkt zum Weitersegeln auszumachen. Anders als in der Ostsee haben wir hier mit ziemlich viel Strömung zu tun und zur Zeit haben wir Vollmond und Springtide, d.h. die Strömung ist eher stärker, als schwächer. Riesigen Spaß macht es, wenn wir mit der Strömung und vor allem dann auch mit passendem Wind segeln können – dann ist unsere dicke, vollgebunkerte Ruby Tuesday doch ganz schön schnell, aber wenn die Strömung entgegen kommt und der Wind auch noch, ist der Spaßfaktor eher nicht mehr ganz so groß 😉 .
Viel Zeit zum Weitersegeln bleibt nicht – Wetterwelt kündigt für morgen früh das nächste Tief mit viel Wind an. Auch wenn der Spaßfaktor nicht so groß sein wird 😉 , starten wir mit entgegenkommendem Strom und Wind auf die Nase, um durch das Fahrwasser von Dunquerke Richtung Calais zu fahren. Die Gesichter werden immer länger – wir motoren mit gut 5kn durch´s Wasser und machen über Grund manchmal nur gut 2kn Fahrt – Springtide, Wind von vorne und hohe Wellen bremsen uns ganz schön aus. Nach 7 Stunden motoren haben wir das Verkehrstrennungsgebiet zwischen Calais und Dover erreicht, setzen die Segel, gönnen endlich dem Motor eine wohlverdiente Ruhepause und queren mit Strömung und 60 Grad zum Wind den Englischen Kanal – da ist er wieder, der Spaßfaktor 🙂 . Nach knapp 1,5 Stunden haben wir das Verkehrstrennungsgebiet hinter uns und nehmen Kurs auf Eastbourne. Das müsste zu schaffen sein, bevor uns der nächste Sturm erwischt. Trotzdem ein komisches Gefühl, dem Sturm entgegenzusegeln und nicht vor dem Sturm wegzusegeln – aber dann wären wir in kürzester Zeit wieder in Holland 😉 und da wollen wir eigentlich jetzt noch nicht wieder hin.
Ganz überraschend dreht der Wind von SW auf SSE, so dass wir hoch am Wind unseren Kurs Richtung Eastbourne halten können. Die Strömung läuft auch mit – alles passt. Trotzdem wird es eine unruhige Nacht – es ist kalt, Dover Coastguard warnt vor dem anziehenden Sturm mit Stärke 8 Bft, Wind und Wellen werden auch mehr.
Gegen 07.00 Uhr erreichen wir bei inzwischen 6 Bft die Hafeneinfahrt von Eastbourne. Es ist kurz vor Niedrigwasser, zu den Schleusen in den Hafen führt nur ein ausgebaggertes Fahrwasser, rechts und links ist Schlick und Modder. Wir melden uns beim Hafenmeister über Funk und werden auch um diese frühe Uhrzeit sehr freundlich empfangen. Die Schleuse ist schon für uns geöffnet, als wir um die Ecke kommen. Während des Schleusens kommt der Hafenmeister und gibt uns einen Hafenplan mit eingezeichnetem Weg zur Box, in der wir festmachen können. So freundlich begrüßt zu werden, ist schon was feines.
Im Hafen merken wir von dem vielen Wind nichts mehr – hier liegen wir gut geschützt durch die vielen Häuser, die rund um die drei oder vier Hafenbecken gebaut sind. Vor vielleicht 15 oder 16 Jahren waren wir schon mal hier – viel hat sich verändert. Die Wohnbebauung rund um den Hafen ist inzwischen abgeschlossen – damals war noch vieles im Bau und es gab viele Brachflächen. Die ganze Anlage macht einen überaus gepflegten Eindruck und ist bestimmt auch nur für die oberen 10.000 gedacht 😉 . Rolls-Royce, Mercedes Sportwagen und viele andere eher höherpreisige Autos stehen vor den Türen oder in den Parkhäusern. Trotz der kleinen Gärten und Balkonbepflanzungen macht die ganze Anlage aber einen ziemlich sterilen und leblosen Eindruck – Bewohner sehen wir kaum, Kinder schon gar nicht.
Nicht´s für uns – uns fehlt mindestens auch der Rolls-Royce 😉 in unserem Fuhrpark. Aber wir nutzen gerne dann doch die Annehmlichkeiten des Hafens – wenn wir schon in einer Luxus Marina liegen. Duschen, Supermarkt, Wasser und Diesel – alles was wir brauchen.
In den nächsten Tagen soll sich das Wetter so weit beruhigen, dass wir vielleicht auch mal wieder ankern können. Der Wind soll weiter aus W oder SW wehen, am Wochenende vielleicht aus N oder NE – alles aber mit nicht mehr als 3 Bft, eher weniger. Richtig voran kommen wir damit nicht, gewünscht hatten wir uns ja eine schnelle Reise durch den Englischen Kanal, gerne in einem Rutsch bis zu den Scillys oder direkt nach Irland. Bis zur Isle of Wight spricht uns das Segelgebiet nicht so sehr an, erst ab der Isle of Wight wird es schöner. Schon bei den vergangenen Segeltörns sind wir meistens von der Isle of Wight in einem Schlag bis zum Ijsselmeer gesegelt. Na ja, erzwingen können wir nichts. Wir versuchen es jetzt mal mit der Strategie, bei mitlaufender Strömung zu segeln und bei entgegenkommendem Strom zu ankern, bis die Strömung wieder kentert. Mal schauen, ob das funktioniert 😉 .