Freitag, 03.06.2016
Eigentlich wollen wir heute weiter segeln nach Seyðisfjörður. Aber dann kommt alles ganz anders. An der Kopfseite des Stegs macht ein riesig großer Fischtrawler fest.
Ich mache ein paar Fotos und sehe dann, dass die Festmacherleinen des Trawlers unser Stromkabel einklemmt. Die Crew löst den Festmacher sofort wieder, das Kabel sieht ein bisschen mitgenommen aus – funktioniert aber noch. Kurz darauf kommen zwei Männer von dem Trawler zu uns, entschuldigen sich für das Missgeschick und wollen den Schaden ersetzten. Es dauert ein bisschen, die beiden davon zu überzeugen, dass das Stromkabel funktioniert und wenn es doch noch einen Wackelkontakt bekommt, können wir es selbst kürzen und reparieren.
Der Trawler ist über die Toppen beflaggt, im Dorf wird geputzt und gefegt, der Steg wird abgespritzt und überall werden Fahnen aufgehangen. Morgen ist Fishermen´s Day, ein Gedenktag für alle auf See gebliebenen Fischer. Ich frage die vermeintliche Crew, ob es möglich ist, den Fischtrawler zu besichtigen. Ja, klar, kein Problem, wir können sofort mitkommen und bekommen eine Führung über das ganze Schiff – wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Es ist der zweitgrößte Trawler, der im Nordatlantik unterwegs ist – 86,30 Meter lang, 17,60 Meter breit und bis zu 8,60 Meter Tiefgang, je nach Ladung, noch keine zwei Jahre alt. Der größte Trawler ist erst zwei Monate alt und läuft unter Dänischer Flagge. Auch der Trawler Beitir, den wir besichtigen, wurde in Dänemark gebaut und nach Island verkauft. Ausgestattet ist der Trawler mit modernster Technik – nicht nur die Ausstattung zum Fischen und Verarbeiten der Fische, auch die Brücke ist voller Technik. Alle Motoren können bei Bedarf gemeinsam auf den Antrieb gelegt werden – das macht dann stolze 10.000kW. Bei Ausfall der Motoren kann man den Trawler alleine mit dem Bugstrahlruder – einer volldrehbaren Gondel – fortbewegen. Drei Sonare hat der Trawler, die man nach unten ausfahren kann.
Die Messe und die Kabinen der Crew sind so edel, da hat man das Gefühl, man steht auf einem Kreuzfahrtschiff, nicht auf einem „Arbeitsschiff“. Im Aufenthaltsraum gibt es zwei riesige Flachbildschirme und einen Gasofen, der ein Kaminfeuer simuliert.
Für die nur 8-köpfige Crew gibt es an Bord einen Fitnessraum, ein Solarium, Waschmaschinen und Trockner.
Mit so einer Ausstattung rechnet man nicht auf einem Trawler. Auf dem Rundgang lernen wir viel über die Regularien und Abläufe der Isländischen Fischerei. Übrigens, der nette Mann, der sich für das Missgeschick entschuldigt hat und der uns den Schaden an dem Stromkabel ersetzen wollte, ist der gleiche, der uns auch das Schiff gezeigt hat – er heißt Thomas und ist der Kapitän 🙂 .
Wir laden Thomas und seinen 2. Offizier zu uns an Bord ein – zur Schiffsbesichtigung 😉 . Beide kommen gerne mit und staunen auch. Sie waren beide noch nicht auf einem Segelboot. Allerdings dauert die Schiffsbesichtigung bei uns nicht ganz so lange 😉 . Dafür sitzen wir noch eine ganze Zeit zusammen und erzählen. So ganz nebenbei sagt Thomas, dass wir, wenn wir uns gestern schon getroffen hätten, mit ihm einen Rundflug über Island hätten machen können. Er musste mit seiner Mutter gestern nach Akureyri, da hätten wir gerne mitfliegen können – Thomas besitzt zwei Flugzeuge. Ja, da wären wir wohl gerne mitgeflogen 🙂 . Stattdessen bekommen wir dann eine Einladung von Thomas, morgen zu ihm auf den Trawler zu kommen und mit allen anderen Dorfbewohnern oder Interessierten eine zweistündige Rundfahrt durch die Fjorde zu machen. Begleitet wird der Trawler von allen andern Fischer des Dorfes mit ihren Booten. Um 10.00 Uhr geht´s los.
So haben wir heute Zeit, uns noch ein bisschen in der Gegend umzuschauen. Wir besuchen das kleine Museum des Dorfes, eigentlich sind es drei Museen in einem Gebäude. Ein Kunstausstellung, eine Ausstellung aller heimischen Tiere und eine maritime Ausstellung. Vor allem die maritime Ausstellung ist sehr liebevoll zusammengestellt. Alles Gegenständen von hiesigen Schiffen oder Gegenstände, die die Dorfbewohner beigesteuert haben.
Sehenswert ist auch der Lawinenschutz, der entlang des ganzen Dorfes gebaut wurde. Vor 40 Jahren hat eine schwere Lawine die Heringfabrik zerstört. 13 Tote gab es damals. Jetzt schützt hoffentlich diese vom Dorf fast nicht sichtbare Anlage die Menschen hier.
Immer noch kommen Dorfbewohner zum Steg und gucken unser Schiff an oder fragen uns, woher wir kommen und wie lange wir unterwegs sind. Nachmittags besuchen uns dann zwei Fischer, die kleine Boote haben und alleine zum Fischen rausfahren. Auch die beiden erzählen viel über die Fischerei in Island, die Fischfangquoten und auch darüber, dass alles sehr streng kontrolliert wird. Sie scheinen mit dem System sehr zufrieden zu sein.