… beenden wir unsere diesjährige Segelsaison in unserem alten Heimathafen Urk am Ijsselmeer.
Zum dritten Mal haben wir unsere Wohnung gegen Langzeitsegeln auf unserer Ruby Tuesday getauscht – diesmal nur für fünf Monate, nicht wie in den letzten beiden Jahren für mehr als ein halbes Jahr – und wir sind wieder ganz begeistert, trotz der Kälte und des sehr durchwachsenen Wetters! Irgendwie hat Segeln ein ganz schönes Suchtpotenzial 😉 .
Am 14.05.2015 ging es in der Ostsee Richtung Norwegen los – eher spät für uns, denn normalerweise starten wir Anfang April. Rückblickend war es ein wirklich guter Zeitpunkt – wir hatten auf unserer Tour Richtung Norden fast ausschließlich Südwestwind und auf der Rücktour überwiegend Wind aus Nordwest, Nordost und Südost, also kaum Kreuzkurse. Das ist an der norwegischen Westküste eher ungewöhnlich – von anderen Seglern wissen wir, dass sie fast immer gegenan kreuzen mussten und auch häufig ziemlich viel Wind hatten. Der Wind war manchmal eher zu wenig und wenn es aus der falschen Richtung zu fest geblasen hat, sind wir im Hafen geblieben.
Dadurch, dass wir unseren Törn erst so spät begonnen haben, hatten wir keinen wirklichen Plan, wann wir wo sein wollten und was wir alles so sehen wollten – also ein eher „planloser“ Start. Falls der Wind aus Südwest wehen sollte, wollten wir so viel „Strecke nach Norden“ wie möglich machen. Das klappte tatsächlich – nur wurden wir schon nach zwei Tagen und Nächten Segeln in Dänemark im Limfjord durch eine defekte Heizung und einen defekten Fäkalientank ausgebremst. Eine weitere Herausforderung wurde die Beschaffung des „Doppelnippels“ um unsere norwegischen Gasflaschen an unser Gassystem anzuschließen – fast dachten wir in Haugesund, dass unser Törn beendet sei, bevor er überhaupt richtig begonnen hatte.
Der Südwestwind blieb uns erhalten, die Nächte wurden immer kürzer und heller und wir machten doch so langsam Pläne für diesen Törn – Mittsommer am Nordkapp, das wäre was, danach den Juli auf den Lofoten segeln und wandern, den August langsam mit viel Sightseeing und Abstechern weiter nach Süden und im September gezielt jedes Wetterfenster nutzen, um wieder nach Hause zu segeln.
Der Plan ging auf! Am 17.06.2015 umrundeten wir nach 1.612 Seemeilen das Nordkapp und bummelten dann Richtung Süden. Machte der Weg nach Norden eher den Eindruck einer „Flucht“, ließen wir uns für den Rückweg jede Menge Zeit, die grandiose Landschaft Norwegens zu erleben.
Im Gegensatz zum Wind hat es das Wetter anfangs nicht so gut mit uns gemeint. Es war eisig kalt – oft hatten wir nur 7°C, dann 10°C und dann blieb das Thermometer lange Zeit auf 12°C stehen. Thermounterhose, Fließhose, Segelhose, mindestens drei Pullover, Handschuhe, Schal und Mütze waren Standartgarderobe – und jede Menge heißer Tee, um wieder aufzutauen. Wir sind richtige „Kuchenbudensegler“ geworden – zum Schutz gegen Kälte, Wind und Regen haben wir oft die Kuchenbude aufgestellt gelassen. Für die Norweger ganz normales Segeln, für uns eher gewöhnungsbedürftig 😉 . Schleichend wurde es dann doch immer wärmer – erst brauchten wir keine Thermounterhose mehr, dann reichte die Segelhose und dann konnten wir tatsächlich in Jeans und Fleece-Shirt segeln. Erst Anfang Juli wurde es richtig warm – so 15°C bis 17°C 😉 . Das gute Wetter blieb uns dann bis zum Ende der Saison erhalten!
Navigatorisch war Norwegen keine große Herausforderung – in den Fahrwassern ist immer genug Tiefe und die Fahrwasser liegen bis auf wenige kurze Strecken immer gut geschützt hinter vorgelagerten Bergen. Schwieriger war es schon, das richtige Fahrwasser zu finden – oft gibt es zwei oder drei parallel verlaufende Fahrwasser, gerne mit Brücken, die für unsere Masthöhe nicht ausreichen. Da halft nur ein genauer Blick in die Karte, bevor es denn los ging. Oft waren aber weder in der Papierkarte noch in den elektronischen Karten weder Brückenhöhe noch Höhe von Überlandleitungen angegeben. Nicht wirklich gut 🙁 . Häfen und Ankerplätze gibt es in Norwegen scheinbar jede Menge, nur entspracht nicht jeder Ankerplatz unseren Vorstellungen von sicherem Ankern. Entweder war es zu flach oder zu tief. Auf 20 Metern Wassertiefe mit ganz geringem Schwojenraum zu ankern, ist nicht so unser Ding. Also haben wir viel häufiger, als wir eigentlich wollten, an Anlegestegen oder in kleinen Häfen festgemacht. Hatte auch den Vorteil, dass wir Strom für unseren Heizlüfter bekommen haben 😉 . Wegen Überfüllung geschlossen war nicht ein Liegeplatz – auf unserm Weg nach Norden haben wir nur eine Handvoll Segler in den Häfen getroffen, auf dem Wasser haben wir niemanden gesehen. Erst ab Juli und weiter südlich waren wir nicht mehr ganz alleine.
2015 sind wir 4.488 Seemeilen gesegelt, davon 143 Seemeilen vom 16.02.2015 – 03.05.2015 in der Ostsee vor unserem Norwegentörn und 422 Seemeilen vom 21. 09.2015 – 11.10.2015 nach unserem Norwegentörn im Ijsselmeer und der Waddenzee.
Gestartet zu unserem Norwegentörn sind wir am 14.05.2015 in Großenbrode, in Vlieland angekommen sind wir nach 3.923 Seemeilen am 20.09.2015 – ein ganz schön strammes Programm für nur vier Monate. Gerne wären wir öfter mal ein paar Tage am gleichen Ort geblieben, dafür war die Strecke aber einfach zu lang. Obwohl wir das Nordkapp schon nach relativ kurzer Zeit erreicht haben, hatten wir doch immer den sehr langen Rückweg und die immer kleiner werdenden Wetterfenster im Herbst zur Überquerung der Nordsee vor Augen. Schöner und dadurch auch entspannter wäre es, diese traumhafte Küste verteilt auf zwei Jahre zu besegeln. Aber mit einer Überwinterung unserer Ruby Tuesday in Norwegen konnten wir uns nicht so richtig anfreunden.
Von den 131 Tagen, die wir in Norwegen unterwegs waren, sind wir an 104 Tagen gesegelt, haben 27 Hafentage eingelegt und hatten 12 Nachtfahrten, wobei die meisten Nachtfahrten taghell waren – nördlich des Polarkreises geht die Sonne einfach nicht mehr unter 😉 .
Waren wir in den letzten beiden Jahren schon von der Ostsee ziemlich begeistert, so übertrifft das Segeln in Norwegen alles, was wir bisher erlebt haben. Das Panorama ist einfach gigantisch – segeln in den Alpen mit schneebedeckten Bergen, Gletschern und einer faszinierenden Natur, Seeadler, Wale, Delphine inklusive. Das entschädigt für die Kälte und das nicht immer gute Wetter und macht auf jeden Fall Lust auf mehr!!
Im nächsten Jahr geht es dann auch wieder los mit unserer Ruby Tuesday – Schottland mit dem Kaledonischen Kanal, den inneren und äußeren Hebriden, Orkneys und Shetlands soll auch ganz schön sein 🙂 . Schauen wir mal ….